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TA 1680, Iconologia Deorum, S. 130

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Wie dem Hiero die Reichswürde verkündiget worden. Wurff-Spieß gesetzt; welches man dahin ausgedeutet/ er werde ein hochweiser Mann werden/ und durch seinen Verstand grosse Dinge ausrichten: wormit sie dann auch nicht gefehlt/ dann ob er wol von schlechten Eltern geboren/ ist er dannoch der Syracuser König worden. Daß aber seine Augen an Farb/ der Nacht-Eulen ihren/ so auch bey Nacht sehr scharff sehen/ nicht ungleich gewesen/ deutet an/ daß ein weiser Mann auch die allerverborgensten und schwehrsten Dinge leichtlich sehen/ und/ nach abgethaner Lügen-Decke/ von seinem Warheit. Gemüht/ zu Beschauung der Warheit/ aufs beste durchdringen könne/ zumalen sie im verborgen ligt/ und sich so leicht einem iedweden zu sehen nicht vergönnet.

Democritus sagte von der Warheit/ sie sey in einen tieffen Brunn versenckt/ von dannen sie nicht wieder empor kommen könnte/ wo nicht die Zeit / oder der Saturnus/ (wie Plutarchus in seinen Problematibus redet) ihr Vatter/ Sie unterweilen daraus befreyete/ und ans Tage-Liecht brächte. Hippocrates in einem Sendschreiben an den Philopaemenes/ der Achaeer tapffern Heerführer/ beschreibet sie nachfolgender Gestalt/ daß sie nämlich ein schön/ groß/ schlechtlich herausgeputzt/ durchleuchtig und herrlich Weibsbild seye/ dessen Augen so hell gläntzeten/ daß sie dem Glantz der Sternen Opinio oder der Wahn. nachzuahmen schienen. Eben dieser Autor beschreibet an selbigem Orte auch die Opinion oder den Wahn auf diese Weise: Er stellet ein Weibsbild vor/ die zwar nicht böß zu seyn scheinet/ iedoch ziemlich kühn und verwegen ist. Beym Epiphanius ist aus dem Ketzer Marcus/ das Bild der Warheit/ vermittelst Griechischer Buchstaben/ vorhanden: Ihr Haupt bestunde aus den Griechischen Buchstaben α, und ω, der Hals aus β und ψ, und die übrige Gliedmassen so fort aus den andern von vornen an nach einander folgenden Buchstaben.

Die Warheit ward sonsten auch/ wie Philostratus im Amphitheatro schreibet/ gebildet als eine Jungfrau/ in Schneeweissen Kleidern; und eben diese nennet er anderswo auch die Mutter der Tugend. Diese/ nämlich Tugend die Tugend/ ward bey den Alten auch für eine Göttin gehalten/ derer die Römer vor dem Tempel der Ehren eine Capelle gewidmet; dann als Marcellus/ wie Valerius Maximus erzehlet/ beyden einen Tempel geheiliget/ haben die Römer/ als ihm die Hohen-Priester die Religion vorhielten/ derselben zween erbauet/ weil man sonst/ wie sie sagten/ im Fall darinnen sich etwan ein Wunderzeichen ereignen sollte/ nicht wissen würde/ welcher Göttin unter beyden man alsdann opffern müste. Der Tugend-Tempel aber ward vorgebauet/ und hinter diesem derjenige/ so der Ehre gewidmet war; Dardurch anzudeuten/ daß man in den Tempel der Ehren nicht gelangen könne/ es geschehe dann durch die Tugend selbst; derer Belohn- und

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Vergeltung die Ehre zu seyn pfleget: dannenhero sie die Tugend geflügelt ausgebildet/ wegen deß Ruhms und der Ehre/ die Sie aus dem Koht in die Höhe führen/ welches sich zu deß Lucianus Zeit vielleicht selten begabe/ wie dann auch zu anderer/ und insonderheit unserer Zeit klärlich zu sehen ist/ da nämlich öffters die Tugendhafftesten im Staub liegen; zumahlen Er/ in einem Gespräch von der Tugend und dem Glücke/ jene/ nämlich die Tugend/ also beschreibet/ wie sie vom Glück sehr übel tractiret worden/ also/ daß sie gantz zerlumpt und kümmerhafft aufgezogen/ auch dem Jupiter nicht einmal Abbildung der Tugend. unter die Augen kommen dürffen. Weßwegen einige sie nicht ungereimt in unbekannten Habit gekleidet/ weil sie/ bey uns keine Herberge findend/ an unbekannte frembde Oerter wandern müsse.

Unterweilen ist die Tugend von den Alten in Gestalt einer ansehnlichen Matron abgebildet worden/ die auf einem viereckichten Steine gesessen. In des M. Val. Acilius/ deß Triumviri oder Dreyherrn Schaupfennige/ ist sie als ein Weib geprägt/ wie Sie mit dem lincken Arm sich auf eine Seule lehnet/ in der rechten aber eine Schlange hält. Es ist sonsten die Tugend auch in Manns-Gestalt in einer Schau-Müntze deß Kaysers Gordianus Tugend in Manns-Gestalt. zu sehen/ auf dero andern Seiten das Bild eines alten bärtigen Manns befindlich/ welcher nackend stehet/ und sich auf eine Keule stützet/ auch eine Löwenhaut umb den Arm gewickelt hat/ mit dieser Uberschrifft: VIRTUTI AUGUSTI: In einer andern Müntze deß Numerianus/ siehet man fast eben dieses Bild deß alten Mannes/ mit der Uberschrifft: VIRTUS AUGG. In deß Vitellius Schau-Müntze ist die Tugend in Gestalt eines angenehmen Jünglings zu erblicken/ der sich umbgürtet oder aufgeschürtzet hat/ und einen Helm auf dem Haupt träget/ dessen Spitze aus gewissen Federn gemacht ist; Er steuret sich mit aufgehabner lincken Hand auf einen gerad in die Höh stehenden Wurff-Spieß; mit der rechten/ worinnen Er auch den Scepter hält/ berührt er das rechte Knie/ welches höher als das Lincke/ dieweil er mit dem Fuß auf einer Schildkröte stehet; die Beine sind mit Halbstiefeln bekleidet/ die Augen aber wirfft er auf eine gegen ihm über stehende Jungfer; diese bildet die Ehre vor/ und hat in der Rechten einen langen Wurff-Spieß/ ist von eben dieser Achsel an/ biß auf den Bauch gantz nackend/ in der lincken Hand hat sie ein Uberfluß-Horn/ mit dem Fusse tritt sie auf einen Helm/ das Haupt ist mit einem schönen gelben Haar geziert/ welches in sehr annehmlicher Ordnung liget.

Der Sophist Prodicus (wie bey dem Xenophon im Leben deß Socrates/ und beym Cicero im II Buch Officiorumzu lesen/) erzehlet/ es seye dem Hercules/ als er nunmehro die Kinderschuh abgelegt oder mannbar