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TA 1680, Iconologia Deorum, S. 118

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Wann aber der Schlaf nur Eitelkeiten/ und etwas der Warheit ungemässes verkündiget/ pfleget er Helffenbein und einen Elephanten-Zahn zu tragen: weil selbiges/ ob es gleich in die subtilsten Blätlein zerschnitten wird/ dannoch niemals durchsichtig zu machen. Dannenhero Virgilius/ im VI. Buch Aeneidos, Schlaff-Thore. doppelte Thore hat gedichtet/ durch welche die Träume zu uns kommen sollen/ deren Sie eines Hörnern/ das andere Helffenbeinern zu seyn vorgaben/ und würden durch dieses die falschen/ durch jenes aber die warhafften Gesichter den Schlaffenden mitgetheilet. Worvon aus Homero Porphyrius/ wie Macrobius lib. I. über deß Scipio Traum erzehlet/ also redet: Es liegt alle Warheit verborgen/ Sie pfleget aber von der Seele/ wann sie von leiblichen Verrichtungen/ durch den Schlaf/ ein wenig frey ist/ unterweilen gesehen zu werden; unterweilen wirfft sie einen Blick dahin/ und kan solche doch nicht erlangen; ja wann sie dieselbe schon beschauet/ geschicht es doch nicht in einem freyen und vollkommnen Liechte/ sondern durch eine darzwischen-liegende Decke/ welche das Band der verduncklenden Natur darüber ziehet: diese Decke/ wann sie in der Ruhe das Auge deß Hineinschauenden zur Warheit einlässet/ wird von Horn zu seyn geglaubet/ dessen Natur mit sich bringet/ daß es/ wegen seiner Dünne/ dem Gesichte durchdringlich ist: wann sie aber von der Warheit geblendet wird/ und das Angesicht zuruck treibet/ wird es für Helffenbein gehalten/ dessen Materi von Natur so dicht ist/ daß/ ob sie wol aufs dünneste zubereitet/ Sie dannoch vom Gesichte nicht mag durchdrungen werden. Eben dieser Virgilius schreibet auch vom Rüstbaum der Träume im gedachten Buche also:

In medio ramos, annosaque brachia pandit,
Ulmus opaca, ingens, quam sedem somnia vulgo
Vana tenere ferunt, foliisque sub omnibus haerent.
Ein grosser Rüstenbaum/ mit alten Aest- und Zweigen/
ließ in der Mitten sich mit dickem Laube zeigen;
Die eitlen Traum-Gesicht/ gestalt man giebet für/
sind säßhafft an dem Ort/ und schweben um allhier/
und ist kein einig Blat/ an welchem sie nicht hangen/
und wann das Laub fällt ab/ so sind sie auch vergangen:

Allwo Servius/ deß Virgilius Ausleger/ folgendes beyfüget: Die/ so von den Träumen geschrieben/ lehren/ daß zur Zeit/ wann die Bäume ihre Blätter fallen lassen/ die Träume

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Falsche Träume. (ins gemein) falsch zu seyn pflegen. Andere geben vor/ der Rüstbaum sey ein unfruchtbarer Baum/ darum stelle er der Träume Falschheit vor/ wie dann solche/ nach deß Svidas Zeugnus/ von den Alten blind genennet worden; entweder weil sie betrieglich sind/ oder gleichsam mit denen reden/ die verschlossene Augen haben. Man sagt auch/ der Schlaff habe unterweilen eine Ruthe in Händen/ wormit er die jenigen/ so er berühret/ schläferig zu machen pflege: Mit dieser/ bittet Statius/ in kurtz vorher gesetztem Gedichte/ berührt zu werden. Ovidius giebt vor/ seine Wohnung sey bey den Cimmeriern/ Homerus in der Insul Lemnus/ Statius bey den Mohren/ Ludovicus Ariostus bey den Arabern. Dannenhero Ovidius/ nachdem er/ im XI seiner Verwandlungs-Bücher/ deß Schlafes königliche Burg beschrieben/ dieses beygefüget:

In medio torus est hebeno sublimis in antro,
Plumeus, unicolor, pullo velamine tectus,
Quo cubat ipse Deus, membris lan- gvore solutis.
Hunc circa passim varias imitantia formas
Somnia vana jacent, totidem quot messis aristas,
Silva gerit frondes, ejectas littus a- renas.
At pater è populo natorum mille su- orum.
Excitat artificem, simulatoremque figurae
Morphea: non illo jussos solertius alter
Exprimit incessus, vultum, somnum- que loquendi;
Adjicit & vestes, & consvetissima quaeque
Verba: sed hic solos homines imi- tatur: at alter
Fit fera, fit volucris, fit longo cor- pore serpens,
Hunc Icilon superi, mortale Phobe- tora vulgus
Nominat: est etiam diversae tertius artis
Phantasos; ille in humum, saxum- que, undamque, trabemque,
Quaeque vacant anima, fallaciter omnia transit.