TA 1679, Metamorphosis, S. 162
Zunfft/ oder Versammlung die Aelter-Leute und Vätter genennet wurde/ als die die gemeine Sache vätterlich bedienen/ den geringen nicht verachten/ noch des Grossen verschonen/ sondern einem iedweden Recht wiederfahren lassen solten. Der andere Drittheil war das Volck: welches sich üben muste in dem/ selbiger Zeit hochgeachteten/ Landbau/ ihre Glieder dardurch zu stärcken/ und zur Kriegs-Arbeit vor zu bereiten/ und geschickt zu machen. Und weil der Mensch/ oder das Volck insgemein/ von wegen seiner verderblichen Unart/ nicht leben kan/ Drey Herrschaffts-Arten den Römern vom Romulus vorgelegt. sonder Obrigkeit und Gesetze/ hatte ihnen Romulus/ aus drey Herrschaffts-Arten/ eine zu erwehlen vorgelegt/ nemlich daß entweder eine Anzahl Rahtsherren/ oder alles Volck nach der meisten Gutachten/ herrschen; oder aber unter einem einigen Gebieter und Könige stehen solte. Als sie nun zu diesem letzten sich geneigt erklärten/ ward Romulus/ wegen seiner Freundligkeit und Klugheit/ mit guter Einhelligkeit des gantzen Volcks/ zum Alleinbeherrscher der Stadt erkoren. Nach seinem Tode/ bemüheten die Römer sich/ mit grossem Ernste/ wie sie wiederum einen frommen König möchten bekommen: Dann die Ohren dieser tugendsamen/ schlechten und einfältigen Ackerleute höreten nach einem/ der gerecht/ tugendsam und weis wäre. Weil nun ein starckes Gerücht von der Vortrefflichkeit/ Gottesfurcht Von Numa Pompilius. und Verstande des Sabinischen Numa Pompilius/ zu ihnen überdrange: haben sie denselben/ weil er dessen würdig gewest/ zum Hirten/ oder Regenten des Volcks/ erwehlet. Sintemalen einer/ der das Reich seiner Gedancken/ und Lüsten/ oder des Gemühts weislich und wol zu beherrschen weis/ insonderheit tüchtig ist über andere zu herrschen/ ihnen zu gebieten/ und das Recht zu handhaben: Gleichwie diese auch sich wol schicken zu Unterthanen/ die in aller Mässigkeit/ mit gantzem Gemüht/ der gesunden Vernunfft unterworffen sind. Nachdem nun Numa/ als ein Mann/ so durchaus nicht ehrbegierig/ diese Last gezwungen angenommen hatte: ordnete er unterschiedliche gute Gesetze. Unter andern/ hat er/ als ein sonderbarer Liebhaber des Ackerbaues/ und um Erhaltung des innerlichen Friedens willen/ sein Volck gelehrt/ die Aecker mit Marcksteinen zu unterscheiden/ eine sonderbare Straffe darauf stellend/ dafern einer dieselben betrieglich verrücken/ oder auch seinen Feldbau übel bestellen würde. Zum andern/ daß iedweder/ im zusagen treu seyn/ sein Versprechen und Zusagen halten/ und im Zweiffel/ Mishelligkeit/ oder in Dingen/ die man nicht beweisen/ noch mit Zeugen wahr machen kan/ einen aufrechten Eyd Numa bracht Rom durch seine Gesetze zu grosser Ruh u. Frieden. thun solte. Zu welchem Ende/ er den Treu- oder Glaubens-Tempel bauen und aufrichten ließ: dieweil er/ als ein weiser Mann/ diese Dinge zum gemeinen Frieden/ und des Reichs Wolstande/ sehr nöhtig zu seyn/ achtete. Er hat mancherley Gottesdienste gestifftet/ auch unterschiedene Tempel erbaut: Aber keine abgöttische Bildnusse in Menschen/ oder Thieres-gestalten zulassen wollen: weil sich nicht geziemte/ die unvergleichliche Vortrefflichkeit etwas Geringem zu vergleichen: zumaln gnug wäre/ was Pythagoras gesagt/ daß der Anfang aller Dinge unveränderlich/ unsterblich/ unsichtbar
und nicht zu begreiffen wäre/ als allein mit dem Verstande; und daß Gott nicht zu erkennen/ dann mit dem Gemüte oder den Gedancken. Dann viel meinen/ daß er/ als ein Liebhaber der Wissenschafften/ unterschiedliches vom Philosophus Pythagoras gelernt habe/ insonderheit aber den Gottesdienst/ den Himmels-Lauff/ und viel andere natürliche Wissenschafften mehr.Dieser Numa ist ein gutes Vorbild der Fürsten/ daß sie sich mit Ernste bemühen sollen/ Weisheit und Wissenschafften zu erlangen/ auch mit weisen/ gottsfürchtigen Männern gerne umgehen: damit sie/ vor allen/ lernen sich selbsten zu beherrschen/ ihr Gemüht in Ruhe zu erhalten/ und in ihnen selbsten einig zu seyn/ damit nicht ein Gedancke wider den andern/ der Wille wider den Willen/ Begierde wider Begierde/ und Lust wider Lust rebelliren und strittig; sondern das innerliche Reich/ in guten Frieden/ auch in sich selbst voller Liebe und Stille sey/ und er alle Seelen-vergnügung habe. Solche rechte Könige werden ihre äusserliche Königreiche leichtlich gleichfalls zum angenehmen Ruhstande bringen/ und sie zu ihrem eignen Ruhm/ Nutz/ und Glückseligkeit der Unterthanen/ in guter Eintracht wol beherrschen.Ehe ich aber noch aufhöre/ vom Aufnehmen der Stadt Rom/ welche/ als bereits erwähnt/ durch Unterhaltung guter Sitten und Gesetze/ sehr mächtig und groß worden/ zu reden; düncket mich nicht unfüglich seyn/ einige dieser Gesetze anzuziehen; nehme daher meinen Anfang/ aus Nach der Edition nemlich des Authoris. Dann sonst stehet diese Rede im 26 Capitel. dem fünfften Capitel des dritten Buchs Cornelii Taciti/da er schreibt: »Die erste und älteste Menschen/ so durch unziemliche Begierden noch nicht verderbt waren/ lebten ohne Gebrechen und unsträfflich; deswegen sie keiner Züchtigung noch Straffe unterworffen waren. Man bedurffte/ damaliger Zeit/ keines Lohns noch einiger Vergeltung;dieweil man ehrlichen Dingen/ um ihrer selbsten willen/ nachtrachtete. Gleichwie man nichts wünschte/ daß dem gewönlichen Leben entgegen war; also war darum/ aus Furcht/ einiges Ding nicht verbotten. Als aber nachmals diese Gleichheit vertrieben wurde/ haben Ehrgeitz und Gewalt die Stelle eingenommen/ welche zuvor die Scham und Billigkeit zu besitzen pflegten: dannenhero sind die Herrschafften/ bey vielen Völckern/ empor gestiegen. Wiewol einige entweder im Anfange/ oder nach der Hand/ dieweil ihnen das Leben der Könige nicht behagte/ lieber sich von gewissen Regeln binden/ und vermittelst gewisser Gesetze und bequemer Verordnungen/ haben regieren lassen wollen. Im Anfange/ da die Gemühter der Menschen noch einfältig und grob waren/ pflegten diese Gesetze auch einfältig/ schlecht und recht zu seyn. Unter welchen vornemlich die/ welche Minos für die Cretenser verordnete/ wie nicht weniger diejenige/ so Licurgus für die Lacedcemonier einsetzte/ sehr berühmt waren. Wiewol die/ welche/ wenig Zeit hernach/ Solon für die Athenienser machte/ nicht minder vortrefflich und an der Zahl mehr gewesen. Romulus hat uns beherrscht/ wie es ihm beliebte. Hiernächst gewann Numa dem Volck das Hertz ab/ und verband es ihm/ durch Gottesdienste und gewisse göttliche«