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TA 1679, Metamorphosis, S. 32

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er/ für sich/ zu dem Acker begehre/ und nicht wolle/ daß der Planet Mercurius etwas darvon geniesen solle/ es geschähe dann zu seinem eignem Vortheil; gleichwol genieset der Planet des Thaues/ und die Erde werde Trucken und unfruchtbar/ als ein Stein. Dieses nun anietzo beyseits gesetzt/ so müssen wir sehen/ was doch erbauliches dardurch angewiesen werden könne. Durch den Mercurius/ des Jupiters Botten/ wollen wir verstehen eine tugendliche Unterweisung/ oder einen Lehr-unterricht: durch die Herse aber/ die menschliche Seele/ wormit jene sich suchet zu vereinigen/ darwider setzt sich Aglauros/ Was Aglauros in Stein bedeute. oder das Fleisch/ und die böse Neigung/ so voller Begierden und Neid steckt; Wann aber die Seele die tugendliche Unterweisung annimmet/ und derselben sich unterwirffet/ muß die böse Neigung ersterben/ und so unfruchtbar/ als ein Stein/ bleiben. Neben dem ist/ in dieser Fabel/ auch annoch zumercken/ daß die Weisheit die Schnödigkeit des Geitzes nicht leiden mag/ welches die Grausamkeit der Straffe/ so sie daran verübte/ gnugsamlich anzeiget.

Von dem Neide.

Auslegung über den Haß und Neid. DEr Neid/ oder Haß/ und Neid/ so eine Tochter des schwarzen Erebus (welcher auch Tartarus heisset) und von der Nacht ist/ wird/ von unserm gegenwärtigem Poeten/ sehr wol beschrieben und abgebildet/ so wol von Gestalt/ als was dessen Speise und Wohnung sey: die Wohnung/ sagt er/ sey ein tieffer/ schändlicher/ dunckler/ Pful/ darein keine Sonne scheinen könne/ wordurch angedeutet wird/ daß der Neid in einem doppelt unreinen Hertze wohne/ esse vergifftete Schlangen/ das ist/ beschädige oder verderbe sich/ oder desjenigen Herz/ darinnen er wohnet/ selbsten. Dannenhero Agides/ des Archidamus Sohn/ als er verstunde/ daß einige ihn neideten/ sehr wol gesagt. So werden sie doppelten Schmertzen haben/ und zwar theils wegen meines Glücks/ das sie sehen/ theils auch wegen ihres Unglücks/ welches sie leiden müssen. Zu welchem Ende auch Sannazaro/ in seinem sechstem Hirten-Liede/ singet:

Der gelbe Neid/ mein Sohn/ sich selbsten mager macht;
Weil ihm ein Hertz-Dorn ist/ was andre für sich bracht.

Welche Verse dann auch mit vielen andern Weisheit-liebenden Scribenten und Poeten übereinstimmen/ wie dann unter andern/ auch Virgilius diese abscheuliche Mißgeburt/ in nachgesetzten Zeilen/ beschreibet:

Es ist der blasse Neid/ ein starcker Gifft zu Schaden/
er nagt und frißt das Marck/ dem/ der dar- mit beladen;
Rührt die Selbständigkeit der Beine doch nicht leicht;
Den rohten Lebens-Safft er aus den Adern zeucht.
Der wirckt ihm billich selbst nur eine Pein und Plage/
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der einen andern neidt um dessen gute Tage
und glücklichs Wolergehn. Dann klagt er/ mit Verdruß/
wann er/ in seiner Noht/ das Elend füh- len muß;
Er seuffzt aus Ungedult/ und knirschet mit den Zähnen:
Bald pflegt ein kalter Schweiß ihn aus dem Leib zu thränen;
Die böse Zunge stösst den schwartzen Gifft heraus/
und sein blaß Angesicht macht jedem ei- nen Graus/
gleich in dem ersten Blick. Man solte gäntz- lich meinen/
es wär’ ihm alles Fleisch geschwunden von den Beinen;
Es pflegt ihm weder Liecht/ noch Spei- se süß zu seyn/
ihm schmeckt kein Trunck/ auch nicht der allersüsste Wein;
Wann auch der Jupiter ihm selbst dem Be- cher bieten
und reichen würde; wann ihm schon zu trincken riehten
die Heb und Ganimed/ die sonst den Göt- tern ein-
zuschencken sind bestellt den süssen Ne- ctar Wein.
Er kan sich neue Krafft gantz nicht zu we- ge bringen
durch einen sanfften Schlaf; noch auch/ in eingen Dingen/
erlangen seine Ruh; weil ihn ein Stachel quählt
in seinem Ingeweid/ daß er für Grimm entseelt
zur Erden fallen möcht. Auch pflegt ihm in den Nieren
die höllsche Unholdinn Erinnys anzuschie- ren
ein Feuer; dann befällt ihn noch ein schärffer Schmertz/
wann mit Begierd durchfrisst sein aus- gedorrtes Hertz
der Geyer Tityons; das auch nicht mag genesen
von Chirons Künstler-Hand/ die disfalls sonst gewesen
berühmt in Griechenland; noch von der Weisen Schaar
des Phoebus/ die doch auch im Heilen glücklich war.

Horatius Flaccus schreibet/ hiermit übereinstimmend/ gleichfalls darvon/ im andern Buch seiner Sendschreiben/ im andern derselben/ folgender massen:

Den frisst die Magerheit/ der Andrer Glück beneiden
und scheel ansehen wil; kein größ- noch schärffers Leiden
kont’ in Sicilia die Blutgier denken aus/
als den durchgallten Neid. Wer leicht des Zornes Brauß