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TA 1679, Metamorphosis, S. 1

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Vorrede zum Edlen Leser. Im Folgenden bietet Sandrart die Übersetzung der Vorrede zum dritten Teil des Schilderboek, in dem van Mander eine Einleitung seiner Übersetzung und Erläuterung der 15 Bücher von Ovids Metamorphosen voranstellt (Mander, Schilderboek, Voor-reden, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. *3r–*8v [Accessed: 2012-03-13. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/668GHQguR]. Dabei bleibt er sehr nah am Text van Manders und nimmt nur einige wenige Ergänzungen vor (diese sind im Text durch Kommentare gekennzeichnet). Auch die im Schilderboek eingestreuten Verse werden ins Deutsche übertragen, wobei eine Mithilfe von Sigmund von Birken vermutet werden kann, der im Ersten Hauptteil 1675 als hauptverantwortlicher Editor das sprachliche Erscheinungsbild maßgeblich beeinflusste und auch im Zweiten Hauptteil Epigramme und Gedichte beisteuerte (vgl. Laufhütte 2011, S. 22; siehe allgemeiner zu Birkens Anteil auch Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163). Überarbeitungen der Metamorphosen-Kapitel wurden ansonsten von dem für diesen Teil zuständigen Redaktor besorgt. Für den Zweiten Hauptteil wurden hier zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold vorgeschlagen (vgl. Laufhütte 2011, S. 19).Christina Posselt, 08/13/2012
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ManderInformat. on source text markers:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 38): Mander, Schilderboek, Wtlegghingh op den Metamorphosis Pub. Ouidij Nasonis. Voor-reden, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. *3r–*8v [Accessed: 2012-03-15. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/66BBmzVlU]. Sandrart folgt in seiner Übersetzung sehr eng der van Manderschen Vorlage. Ergänzungen und Abweichungen sind durch Textkommentare gekennzeichnet.Christina Posselt, 03/13/2012The end of this part of the text is on page 1128
WAnn reisende Personen fremde Länder besuchen/ und auf ihrer/ Reise künstliche Mauerwercke/ oder schöne Gebäue finden/ entweder an Kirchen/ oder öffentlichen Spiel- und Schau-Häusern/ die zu einer ansehnlichen Höhe sich aufrichten/ und wol geschlossen sind: so verlangen sie zu wissen/ was vor sonderbare herrliche Wercke und Zierraten darinnen begriffen: sie gucken durch die Spalten/ und forschen von den Innwohnern/ nach Möglichkeit/ hievon allen Unterricht und Beschaffenheit. Dann es wohnet/ in denen Hertzen der Menschen/ eine treibende Begier/ Erkäntnüs und Wissenschaft der Warheit/ insonderheit von angenehmen oder nützlich-verborgenen Dingen/ zuerlangen. Dannenhero auch die alte künstliche Poeten und Philosophi ihre geliebte/ durch viel Arbeit/ erlangte Wissenschaften/ und weise Lehren/ mit sonderbaren vortreflichen Mumkleidern/ verdeckt/ und verborgen gehalten/ theils daß andere desto begierig- und hungeriger drauf würden: theils auch darum/ damit solche köstliche Kleinodien/ von dem rohen Pöfel/ und unachtsamen Volck/ nicht in den Koht getretten/ und verunreiniget würden: Sintemal der gemeine Mann/ an seinen gewohnten Meinungen/ insgemein so gar verhärtet ist/ daß er die würdigst- und löblichste Dinge der Welt/ insonderheit die bey ihm gemein- oder leichtlich zu bekommen sind/ aufs spöttlichste verwirfft; hingegen jähling in grosse Achtung und hohe Verwunderung ziehet/ was schwer und mit vieler Mühe erlanget wird. Wer aber diesen gemeinen Irrweg weislich vermeidet; ist von einem bescheidenem Urtheil nicht zu tadlen. Und dieses war auch die Ursach/ daß viel hoher Verstand/ so wol natürlich- als himmlischer Dinge/ und höchst-nöthige Unterweisungen/ unter mancherley Fabeln/ durch gelehrte und hurtige Poeten/ verstecket wurden: welche/ wie man davor hielt/ vom Geiste gedrungen/

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und/ durch verborgene Krafft/ ausser sich selbst getrieben/ als gleichsam rasende/ ihre Gedichte und Verse an das Liecht brachten. Wie man dann auch glaubte/ daß/ nach seiner Geburt/ kein Mensch ein rechter Poet werden könte/ als der zu solcher wol-redenden Süssigkeit vorher geschickt und erkohren wäre. Weswegen der Arcadische Thyrsis also singt:

Ihr Hirten ziert den wachsenden Poeten/
Mit Epheu/ den kein Winter pflegt zu tödten.

Und anderswo pflegte Menalcas zu singen:

Gleichwie dem müden Mann/ im Gras/ pflegt süß zu seyn
ein sanffter Schlaf; so auch mir in das Ohr dringt ein
das liebliche Gedicht der Göttlichen Poeten/ etc. Die deutsche Übersetzung dieser Verse, die van Mander auf Niederländisch wiedergibt (Mander, Schilderboek, Voor-reden, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. *3r [Accessed: 2012-03-13. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/668GHQguR]), dürfte mit Unterstützung von Sigmund von Birken verfasst worden sein, der maßgeblich für die sprachliche Redaktion des Ersten Hauptteils der Teutschen Academie verantwortlich war (vgl. Laufhütte 2011, S. 22; siehe allgemeiner zu Birkens Anteil auch Klemm 1995; Laufhütte 1998, S. 25–29; Möseneder 2000, S. 163). Überarbeitungen der Metamorphosen-Kapitel wurden ansonsten von dem für diesen Teil zuständigen Redaktor besorgt. Für den Zweiten Hauptteil wurden hier zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold vorgeschlagen (vgl. Laufhütte 2011, S. 19).Christina Posselt, 03/13/2012

Dann diese alte Poeten waren Opfer-Priester der Götter/ heilige Weissager/ Ausleger der Geheimnüssen/ tugendhafte vortrefflich-gelehrte Männer/ in hohem Ansehen bey den grossen Herren und Königen/ als deren Kinder sie insgemein unterrichteten/ und ihnen/ mit ihren reitzenden Lustspiel-Erzehlungen/ die süssen Unterweisungen und Verstandbringende Lehren zu den zarten Ohren einflößten. Gleichwie der weise Plato, in seiner Republic/ auch begehrte/ daß die Mütter und Säug-Ammen den Kindern und Säuglingen auserlesene Sprüche vorsagen/ und/ vermittelst deren/ den Geist/ mit mehrer Sorgfalt/ als/ vermittelst der Hände/ den Leib/ zu bilden und zugestalten sich bemühen solten. So waren auch der Poeten Schrifften für göttliche Geheimnüsse/ Zwietracht-beylegende Staats-Regeln/ aufrichtig unfehlbare und gewisse Urtheile und Lehr-Sprüche geachtet: Also/ daß sie auch die leibliche Unterhaltungs-Nothdurfft nit so nöthig zu seyn schätzten/ als ihre Gedichte. Dann indem sie der Tugend/ und die tugendliche Vorgänger/ herrlich herausstrichen/ entzündeten sie die Hertzen/ in dem Lob-erwerbendem Tugendwege/ nachzufolgen: zwungen sie auch/ mit ernsthaftem Abschrecken/ zu scheuen und zu verachten den untugendlichen Abweg; der zu grausamen Straffen in den stinckenden und duncklen Abgrund führet: zu welchem Ende das Gedicht/ mit der erfreuenden

Mander (Continues on a following page)Informat. on source text markers
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 38): Mander, Schilderboek, Wtlegghingh op den Metamorphosis Pub. Ouidij Nasonis. Voor-reden, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. *3r–*8v [Accessed: 2012-03-15. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/66BBmzVlU]. Sandrart folgt in seiner Übersetzung sehr eng der van Manderschen Vorlage. Ergänzungen und Abweichungen sind durch Textkommentare gekennzeichnet.Christina Posselt, 03/13/2012The end of this part of the text is on page 1128