TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 295
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 21).Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 518
gekrönten Vestalischen Jungfrauen/ als auch der antichen Ordnung nach junger Knaben mit Weyrauchs-Kästlein/ samt andern Zubereitungen des Altars/ auf dem das Opfer-Feuer brennet/ wovon die herum stehende Andächtige wunderlich beleuchtet werden. Vornenhero sihet man das zur Schlachtung geführte Opfer-Vieh. Im Tempel oben herunter komt der erschröckliche Jupiter mit seinen blinkenden Donnerkeylen in der Hand/ als der sich wegen des angezündeten Opfers ganz willfährig gegen dem Contento erzeiget. Außerhalb des Tempels zeigen sich allerley Stands-Personen sehr geschäftig/ jeder nach der Art seines Verlangens/ begirig zu hoher Dignität/ Pracht/ Gut und Geld/ die Philosophi und andere zur Gelehrtigkeit/ Kunst und Weisheit/ etliche durch Handlung und Kriegs-Verrichtungen ihren Gewinn zu erlangen/ andere durch schnell lauffen/ mit Pferd rennen/ mit spielen/ keglen und andere Mittel/ ihren Contento zu erlangen/ deren jedwedere auf absonderliche Weis und ganz ungemeine Manier vorgestellet/ daß selbiges Stuck für dieser Stadt gröste Zierde/ in der Mahl-Kunst/ zu preisen.
Die Flucht Christi in Egypten. In einem andern großen Stuck hat er die Flucht in Egypten mit dem Kindlein JEsus/ das unser liebe Frau in ihren Mantel eingefaßt/ und auf einem Esel sitzt/ ausgebildet; den durch ein mit Kräutern erfülletes Wäßerlein gehenden Esel führet Joseph/ welcher in der andern Hand einen brennenden Span zum Nacht-Liecht traget/ von weitem sihet man die Feld-Hirten mit ihrem Vieh/ bey einem brennenden ins Waßer scheinenden und reflectirenden Feuer/ vor ihnen einen dicken Wald/ über welchen an dem heitern Himmel das Gestirn/ sonderlich die Jacobs-Straße/ hinden her aber noch verwunderlicher der klare volle Mond/ als bey dem hintern Horizont/ neben den Wolcken aufgehend/ und seinen Widerschein in das Waßer ganz vollkommen werfend/ abgebildet zu sehen; desgleichen vorhero niemalen gemacht worden/ und ein Werk/ das in allen Theilen zugleich/ und in einem jeden besonderlich ganz unvergleichlich ist/ wie dann alle seine Werk/ deren er wenig/ jedoch fürtreflich gemahlt/ in Kupfer/ so wol von Magdalena de Pas, als andern/ ausgegangen/ das Original-Stuck aber hat mir Junker Gauda von Utrecht/ ein besonderer Liebhaber der Kunst/ sehr oft gezeigt. Und obwolen er sich oft unterstanden/ daßelbe auf das allerähnlichste auf Kupfer nach zu stechen/ hat er doch niemalen deßelben gänzliche Fürtreflichkeit erreichen mögen/ wie dann unmöglich/ daß die Kupferstecher-Kunst dem mahlen völlig gleichen könne. Dann ob schon dieses Gauda Kupferstuck andere übertroffen/ so beschämen doch die Original-Gemälde Unterscheid der Kupferstecher- und Mahlkunst. obgedachte Kupferstucke/ wann wir eines derselben dagegen setzen/ ja es werden solche also darvon verfinsteret/ gleichwie das irdische Licht von der klaren Sonnen verfinsteret und beschämet wird.
Seine Tiefsinnigkeit Also tieffsinnig verfärtigte Elzheimer seine Werke/ dann seine Gedächtnus und Verstand war dergestalt abgericht/ daß wann er nur einige schöne Bäume angesehen/ (vor welchen er oft halbe/ ja
ganze Täge geseßen oder gelegen/) er selbige ihme so fest eingebildet/ daß er sie ohne Zeichnung zu Haus ganz völlig/ natürlich und ähnlich können nachmahlen/ wie unter andern daran zu sehen/ daß nach dem er zu Rom die Vignia Madama sich also imprimirt/ er selbige ohne einige Zeichnung mit höchster Curiosität in seine Landschaften/ auf das allerbäste gebracht/ jeden Baum absonderlich nach seiner Art/ an Stamm/ Laub und Blättern/ in allen Theilen erkantlich/ an Colorit/ Schatten und reflexion ganz änlich/ naturäl und lebhaft/ welche Weis zwar nicht eines jeden Thuns/ auch sehr schwär ist/ ohne Beyhülf des Lebens/ oder Nachzeichnung die Sach so weit zu bringen. Endlich machte ihn diese schwäre Weiß auch müd und melancholisch/ darzu er ohne das geneigt gewesen/ und seiner Hauswihrtschaft schlecht vorgestanden; unangesehen und Lebenswandel. er eine Römerin geheuratet/ und mit ihr viel Kinder bekommen Elsheimer se maria avec Carola Antonia Stuart de Francfort le 22 décembre 1606 en présence des témoins Paul Bril et Pietro Facchetti, tous deux peintres. Carola Antonia Stuart était déjà la veuve du peintre Nicolas de Breul et elle se remaria ensuite trois mois après la mort de Elsheimer (Klessmann 2006, p. 8)./ dahero er auch dürftig gewesen/ ob ihme schon seine Sachen theuer bezahlet worden. Also wurde er überdrüßig/ steckte sich selbsten in Schulden/ und muste obgemeldter Gauda/ wegen vorgeschoßenen Gelds/ auf seine unausgemachte Arbeit etliche Jahr lang zu Rom/ mit schwärem Unkosten/ warten/ so gar/ daß Elzheimer darüber Schulden Pour plus de détails sur les dettes de Elsheimer envers Goudt, voir Mancini, Giulio: Considerazioni sulla Pittura (ca. 1614–1621), éd. A. Marucchi et L. Salerno, Rome, 1956, 2 vol., cité dans Klessmann 2006, p. 29–30. halber in die Gefängnus geleget worden/ worinnen er sich doch selbsten wieder nicht (wie er billich thun können und sollen) durch Arbeit geholfen/ sondern sich darüber sehr betrübet/ also daß er gar erkranket/ und ob er zwar erlediget worden/ hat er doch bald hernach zu Rom mit unsterblichem Lob und Nachklang aller Fürtrefflichkeit die Welt gesegnet/ und wird sein Contrafät dem großgünstigen Leser in der Kupferblatte II. gezeiget: Deßen Wittib/ von der ich ein Werk erhandlet/ lebte zu Rom mit etlichen nachgelaßenen Söhnen noch Anno 1632. Die Witwe Elsheimers, Carola Antonia Stuart, ist bereits 1620 verstorben; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 877, Anm. 553,15 f. von welchen weiters Lob zu erwehnen/ ich geliebter Kürze halben dieser Orten abstehen und noch dieses zum Schluß melden wil/ daß er pflegte nicht allein jederzeit schwäre Dinge vor zu nehmen/ sondern auch solche auf das glücklichste hinaus zu führen. Alle seine Verrichtungen übertraffen vieler anderer Künstler Gedanken sehr weit. Er war in der Vollkommenheit und im guten so fest gegründet/ daß wann er mit der Feder oder Kreiden nur einen Umriß gemachet/ er darinnen mehrern Verstand zeigte/ als andere durch unverdroßene Mühe und Arbeit konten zu Wege bringen. Seine Werke bestunden nimmermehr in flüchtiger Bewegung/ noch in ausgeschmückter Zier oder Kralen-Farben/ sondern vornämlich und in allen Stücken in der auserlesensten Zeichen-Kunst und warhafter Colorirung/ also daß/ wann man seine Gemähle durch einen Spiegel gegen das natürliche Leben angesehen/ eines wie das andere sich ereignet/ als ob es eine Sache gewesen wäre. Und dieses Lob hatte er in der weiten und breiten Welt/ dannenhero auch alle fürnehme Liebhabere/ wie auch fremde curiose Reisende mit höchstem Verlangen von dieser berühmten Hand etwas rares und sonderbares in seiner Geburts-Stadt Rahthaus zu sehen vermeinen/ weil er insgemein der Adam von Frankfurt genennet wird/ und ob man zwar gänlich hätte dafür halten sollen/ es werde
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 21).Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 520