TA 1675, II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 292
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 21).Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 513
weil sie meistens alle Thiere/ Vögel/ Fische/ Landschaften/ Bäume/ Bäch/ Gründ/ Luft/ Wasser und Wälder/ gemacht. Also machte er allezeit selbst die Invention von vorhabenden Werken auf ein model 2. oder 3. Spannen hoch/ und ließe nach selbigem seiner Discipel einen/ Antonium von Dik/ Jacob Jordan von Huck/ oder andere auf das große Tuch mahlen/ welches er darauf übergienge/ oder das fürnemste selbst fertigte/ womit er sich selbst großen Vortheil/ der Jugend aber einen unvergleichlichen Nutzen geschaft/ dann sie dardurch in allen Theilen der Kunst treflich abgerichtet/ und die Stadt Antorf durch seinen Fleiß eine ungemeine Kunst-Schule wurde/ worinnen die Lernende zu merklicher Perfection gestiegen.
Nach diesem schritte er das andere mal zur Ehe/ mit Jungfrauen Simente, die zu ihrer Zeit in Tugend/ Reichtum und Schönheit das gröste Lob gehabt/ wordurch er in eine große Familia und namhafte Zahl der Anverwandten und Freunde gerahten. Auch baute er sich ein sehr bequemes schönes Haus/ und darein neben dem Garten eine Kunst-Cammer/ Seine Erfindung reich zu werden. in der Form einer Ritonda, mit einem von oben herab fallendem Liecht/ so überaus vortheilhaft/ alle darinnen befindliche und in gute Ordnung gestellte rare Gemälde und statuen/ so wol von seiner eignen Hand/ als anderer fürnehmsten Künstlere/ neben mehren versamleten Curiositäten überschiene: Dahin pfloge er die ihn besuchende Liebhabere zu führen/ deßwegen der Herzog von Buckingam/ um seinen Palast geschwind mit Kunststucken zu erfüllen/ solches verlangt/ und den Kauf durch den Kunst-reichen Michael le Blon von Amsterdam/ als den wahren Maecenas aller Tugend/ per 60000. Niderländische Gulden schließen lassen/ woraus erhellet/ daß Ruben neben seiner eignen Kunst/ auch aus anderer Wißenschaft und Handlung seinen Nutzen fürtreflich zu machen/ und also sich selbst den Weg zum Reichthum wol zu bahnen wuste. Demnach/ als einsmals der weitberühmte Alchimist Meister Brendel von Londen/ den jedermann hochgeehrt/ zu ihm kommen und contestirt/ wie nahe er zu der rechten Tinctura gelangt/ daß in kurzer Zeit das gewiße Goldmachen gefunden werden könte/ mit Erbieten/ wann Rubens ihm wolte ein Haus einrichten/ und die nohtwendige Unkosten indessen herschiessen/ wolle er mit ihme in Gesellschaft verbleiben/ antwortete ihm Rubens: M. Brendlin/ ihr komt allein um 20. Jahr zu spat/ dann um selbige Zeit schon hab ich durch den Pensel und die Farben den rechten wahrhaften Lapidem Philosophicum gefunden.
Auf eine andere Zeit/ als der zu Antorf wohnende Kunst-reiche Historien-Mahler/ Abraham Abraham Janson neidet sein Glük an. Janson/ wie hiernächst an seinem Ort gemeldet werden soll/ wegen seiner Trägheit und anderer übler Gebräuche seinem Glück sehr schädlich gewesen/ gesehen/ daß Rubens wegen seiner Geschicklichkeit sich treflich empor schwinge/ gedachte er solchen großen Ruf zu hindern/ und forderte ihn zum Wettstreit aus/ also daß/ welches unter ihren beeden Stucken das bäste seye/ durch die Erkenner der Warheit solte geurtheilet werden/ sich selbsten gewiße Hoffnung machend/ weil meistens aus blossen
Gedanken/ er aber alles correct, mit guter Bedachtsamkeit und langer Zeit nach dem Leben mahlte/ daß er wegen so großer ähnlichkeit der Natur und starken Kraft der Farben/ des andern Arbeit leichtlich niderlegen werde/ aber Rubens länet sein Begehren färtig ab/ und sprach/ daß er nicht erst wolte anfangen um Streit zu mahlen/ sondern er habe es allezeit im Brauch gehabt/ wolle es auch forthin noch continuiren/ hingegen möchte er Janson auch seine Weise behalten.
Unter andern großen Ehren so der Komt als ein Königlicher Gesandter in Engelland/ König in Spanien diesem Künstler erwiesen/ ware/ daß er ihn in gewißen Staats-Geschäften zu König Carlo Stuart in Engeland verschickt/ weil aber der König ungefähr merkte/ worauf es angesehen/ und sein Intent ganz auf ein anders zielte/ wandte er die Sach alsobald um/ unter dem Praetext, daß sie in Gebrauch hätten zu Gesandten keine andere/ als Fürsten und Herzogen anzunehmen/ obschon die Person Rubens außer diesen Handlungen ihme sehr lieb und angenehm seye/ empfienge derentwegen selbigen als ein Privat-Person sehr gnädig/ und machte ihme diese Gelegenheit sehr zu Nutzen/ weil der Kauf um die fürnehme Werke in das Banket-Haus kurz vorher geschloßen/ die bald hernach von Antorf/ zu großem Contento des Königs/ übersandt worden.
Als Rubens in Spanien war/ contrafätete er unter andern König Philippum, die Königin/ Duc d’ Olivares, die
Dieser Verweis besitzt mehrere Ziele:
Don Gaspar de Guzman, Herzog von Olivares (nach Rubens)
Porträt von Isabella von Bourbon, Königin von Spanien (Nachzeichnung nach Rubens)
Porträt Philipps IV. König von Spanien (Nachzeichnung nach Rubens)
nachmalen durch den Paulus Pontius, Lucas Vasterman in Kupfer gebracht worden/ auch copirte er allda viele große Werke/ des Escurial nach Titians gemahlten Stucken/ brachte sie mit in Niderland/ und weil allda und wegen anvertrauter Staats-Geschäfte in Ungelegenheit. ruchbar worden/ daß Rubens in Spanien/ auf Befehl der Infantin Isabella, als Regentin des Niderlands/ den damals befindlichen schlechten Zustand der Spanischen Niderlanden/ dem König vorstellen solte/ wie nämlich ein Ort nach dem andern in Holländische Hände käme/ damit Seine Majestät auf Mittel trachten möchte/ die Sachen auf bäßern Fuß zu bringen/ wie dann ihme auch die Antwort samt vielen andern Heimlichkeiten anvertraut worden/ besuchte ihn zu Antorf bey seiner Zuruckkunft einer der fürnehmsten Lands-Fürsten/ der sonst schon verdächtig ungerechter Sachen wider den König war/ und trachtete in geheim von dem Rubens zu erfahren/ was zu seinem Verlangen dienete/ weil er aber biß in Tod alles bey sich zu behalten willens ware/ ergrimmte dieser Fürst so sehr/ daß er auch mit Drohworten um sich warf/ welche Gefahr/ samt Erwegung dieses Herrn großer Autorität in Staats-Sachen/ und daß alles je länger je üblers Aussehen hatte/ dem Rubens Ursach gabe/ sich von allen Staats-Sachen gänzlich zu entschlagen/ und sich in der Stille bey seinen Musen auf zuhalten/ woraus man seinen klugen Verstand abnehmen können/ durch deßen Führung er sich noch bey guter Zeit aus dem Staub gemacht; dann bald darauf viel dergleichen eingezogen/ ruinirt und gestürzt worden.
Sandrart spricht hier auf Rubens’ Verwicklungen in die Geheimdiplomatie der Kreise um den Oranierprinzen Frederik Hendrik an, in die er auf Betreiben Erzherzogin Isabellas 1633 geraten war. Der Herzog von Aerschot (»einer der fürnehmsten Lands-Fürsten«) stellte Rubens als Geheimdiplomaten öffentlich bloß, wodurch dieser diskreditiert und aus diplomatischen Diensten zurückgezogen wurde. Sandrart wendet diese Affäre in das Bild eines klugen Künstlers, der sich zum rechten Zeitpunkt auf seine Kunst besinnt; vgl. Klemm, Kommentar Viten 1995, S. 865, Anm. 526,6.
Sur cette affaire et le discrédit jeté publiquement sur Rubens par le duc d’Arschhot, voir aussi la réédition de la correspondance du peintre (Rubens 2005, t.1, p. 300–301).
Zu selbiger Zeit traffe die Stadt Antorf grosser Schaden/ wegen ausbleibender Spanisch-und Indianischer Flotten/ die von den Feinden hinwegSandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Diese Vita wurde von Sandrart verfasst (vgl. Sponsel 1896, S. 21).Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 513