TA 1679, III (Malerei), S. 2
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:In der Vorrede zum Malereikapitel legt Sandrart sein kompilatorisches Vorgehen offen, das durch eine kreative Zusammenstellung von Texten und der kritischen Stellungnahme Sandrarts einen produktiven Charakter erhält. Explizit werden Plinius, Vergil, Homer und Juan Luis Vives als Quellen benannt, auf die sich Sandrart bezieht, wenn er über die Entstehung und Entwicklung der Malkunst schreibt. Einige Ausführungen wiederholt Sandrart nach dem ersten Buch des zweiten Teils der TA 1675, die Vorrede schließt mit einer Inhaltsangabe des folgenden dritten Buches der TA 1679.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 990
Vatter Myrsus den Zunamen Myrsilus gegeben/ ein vom Mahler Bularchus gefertigtes Gemählt für so schwer Gold/ als es am Gewicht gehabt/ erkaufft habe/ worinnen der Magneten Krieg ausgebildet gewesen. Daraus gnugsam zu spühren/ in was für Großachtung und Würde albereit zu selbiger Zeit/ die Mahlerkunst gewesen sey. Und dieses war gleichwol um die Zeit des Römischen Königs Romulus, dann der König Candaules in der 18 Olympiade/ oder (wie einige wollen) in eben dem Jahr/ da Romulus gestorben/ die Schuld der Natur bezahlet hat/ u. Besage dieses Schreibens/ muß die Mahlerkunst lang vor der 18 Olympiade schon im Flor gewesen seyn. Wie dann besagter Plinius auch am Ende des Beweiß des Plinius mercklicher Verstossung dritten Capittels in seinem fünff-und dreissigsten Buche bezeuget Vgl. Plin. nat. 35, 17./ woselbsten er saget/daß/ zu seiner Zeit/ im Römischen Gebiet oder der Latier Landschafft/ in denen Tempeln zu Ardea, sehr schöne gemahlde Taflen gewesen/ die alle lange Zeit vor Erbauung der Stadt Rom gemacht worden: Welchem er annoch beyfüget/ daß sich zu verwunderen/ daß diese Mahlereyen noch so frisch wären/ da doch die Tempel so lange Zeit halb verwüstet gestanden. Mehr waren von selber Hand (sagt er) im Städtlein Lanuvio, in einem alt-verfallenem Tempel gemahlt/ in noch unversehrtem Wesen/ Atalanta und Helena bey einander/ die sehr wol gemacht waren/ Gestaltsam man in der Atalanta Angesicht eine erbare jungfräuliche Zucht hervorleuchten sehen konte. Ja/ es war zu verwunderen/ daß sie noch so wol gestaltet/ nachdem der Tempel bereits vor so viel Jahren eingegangen und zerstöret war. Welches alles er noch mehr befestiget/ indem er weiter sagt: Ja/ es sind zu Caete, heut zu Tage Cervetere genannt/ in Tuscanien/ Schildereyen/ die noch älter/ denn alle vorgemeldte: also daß man/ nach rechter Betrachtung derselben/ befinden wird/ daß keine Kunst in der Welt sey/ welche nach ihrem Anfange so schnell zur
Vollkommenheit gelangt/ als die Mahler-Kunst. Plinius hegt eine falsche Meinung/ daß man zur Zeit der Trojaner nichts vom Mahlen solte gewust haben. Dann zur Zeit der Trojaner/ wuste man nicht/ was sie war. Aus welchen Worten zu sehen/ daß er sich abermal irre/ wie im vorhergehenden.
Daß ich aber zuvor behauptet/ die Mahlerkunst sey älter/ als die achtzehende Olympias, ist beweißlich/ vors erste/ aus des Plinius Bekändtnus/ da er redet von dem Gemählte zu Ardea, das lang vor der Stadt Rom gefertigt war. In welcher Olympiade Rom erbaut worden/ darvon finde ich verschiedene In welcher Olympiade oder Zeit Rom gebauet. Meinungen. Ludovicus Vives gedencket dessen/ in seinen Anmerckungen/ über das dritte Buch Augustini, von der Stadt Gottes/ im andern Capittel dieses Lauts: Plutarchus schreibet im Leben des Romulus, daß Romulus und Remus den Grund der Stadt Rom gelegt/ im dritten Jahr der sechsten Olympias, an welchem Tage eine Sonnen-Finsternus gewesen. Dionysius und Eusebius setzen solches ins erste Jahr der siebenden Olympias, nach dem Untergange der Stadt Troja vierhundert zwey und dreissig Jahre. Ein anderer/ Namens Cincius, behauptet/ es sey in der zwölfften Olympias geschehen. Fabius Pictor sagt in der achten. Nepos und Lactantius folgen dem Eratosthenes und Apollodorus, mit ihrem Vorgeben/ daß es im andern Jahr der siebenten Olympias geschehen. Wann wir unsere Zeit oder Jahrrechnung mit der Grichischen vergleichen/ mag man setzen/ daß es im Anfang der siebenden Olympias, oder vier hundert drey und dreysigstem Jahr nach dem Untergange der Stadt Troja, geschehen. Nach Uberlegung dessen allen/ vermute ich/ daß es/ nach Dionysii Halicarnassei Rechnung/ im ersten Jahr der siebenden Olympias, den ein und zwantzigsten April sich begeben; als die Welt drey tausend zwey hundert und zwölf Jahr gestanden. Diese Olympische Jahr-reihen seynd angeordnet worden im Jahr der Welt drey tausend und vier hundert
In der Vorrede zum Malereikapitel legt Sandrart sein kompilatorisches Vorgehen offen, das durch eine kreative Zusammenstellung von Texten und der kritischen Stellungnahme Sandrarts einen produktiven Charakter erhält. Explizit werden Plinius, Vergil, Homer und Juan Luis Vives als Quellen benannt, auf die sich Sandrart bezieht, wenn er über die Entstehung und Entwicklung der Malkunst schreibt. Einige Ausführungen wiederholt Sandrart nach dem ersten Buch des zweiten Teils der TA 1675, die Vorrede schließt mit einer Inhaltsangabe des folgenden dritten Buches der TA 1679.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 997