Darstellungsoptionen
Im Text hervorheben bzw. anzeigen:

TA 1679, II (Skulptur), S. 2

Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Die Vorrede »Uber den Andern Theil Von der Scultura, oder Bildhauer-Kunst« wurde von Sandrart verfasst.Julia Kleinbeck, 10.07.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 835
Linke Spalte

10000. Unterthanen halten/ und aus der andern ein sehr reicher in die Felder sich ergiesender Fluß sich erzeigen solle/ auch nicht für einen einfältigen Lehrling erkennen/ oder halten. Welches dann meines bedünckens unwiedersprechliche Gründe sind. Und ob zwar etliche behaupten wollen/ daß die Antique Statuen/ zur Zeit deren/ die es repraesentirten/ darum/ weil sie hernach restaurirt und ausgebessert worden/ nicht gemachet seyn/ so bin ich doch andere Meinung/ und halte eben darum/ weil sie schön waren/ dafür/ daß solche zu derselben älteren Zeit verfertiget worden. Dann man kan ja nicht laugnen/ daß vor Ur-Alters schön viel Statuen gewesen/ indeme Horatius Cocles und die Celia in Rom zu Zeiten des siebenden Königs Siebter römischer König war Tarquinius Superbus von 534 bis 510 v. Chr. Ist die »gens Caelia« gemeint oder Celia, die Frau von Scaevola? Weiterhin unklar.Carolin Ott, 05.08.2009/ und noch eher als die Respublic Republic allda eingefuhret worden/ schon erhebt und aufgerichtet gesehen worden: Welches beym Tito Livio und in dem Plinio mit mehrern zu bemercken. Belangend aber den Homerum, und dessen wahre Abbildung/ so von etlichen widersprochen werden will/ mit Vorwendung/ daß damals in dieser Kunst eine grosse Unerfahrenheit gewesen/ auch das erst lange Jahr nach dessen Tod/ seine Contrafaiten nur als ein erdichtetes Wesen gemacht worden seyen: so entstehet doch dieser Wahn bloß allein aus dem wol offters irrenden Plinio, mit deme sie es beweisen wollen. Es ist aber bereits vor/ und wird noch ferner bewiesen/ daß die Mahlerey und Bildhauer-Kunst lang vor Homeri Zeiten in Vollkommenheit gestanden. Und ob zwar bekandt/ daß er von geringer Condition, wie viel andere vortreffliche Philosophi und Poeten auch/ und arm gewesen/ so sind doch denselben kostbare Statuen aufgerichtet/ und Müntzen ihm zu Ehren gepreget/ worvon in den Kunst-Cabineten etliche aus Marmelstein/ Metall/ auch Kleinodien/ und aus andern ohnzweifelhafften Authoren, absonderlich aber seine hoch preiß-wür dige Statua in Lebens-Grösse aus Griechischen Marmel gebildet/ bey dem Printzen Justiniano, solches gnugsam bezeugen/ zu höchsten Ehren erhaben worden/ also daß man ihme Statuen/ Altäre und Tempel aufgerichtet. Aristoteles erzehlet ebenfalls von des Homeri Müntzen: aus welchen erfolgt/ daß sie noch älter als der Alexander müssen gewesen seyn/ weil jener dieses Praeceptor war. Uber das ist auch gar glaublich/ daß die alten Statuen nicht nur allein zur Zierd/ oder nach eigenen Gefallen/ und selbst gefasten Einbildungen nur erdichtet/ sondern vielmehr nach dem wahren Leben/ oder nach deren modellen expressè seyn gemacht worden. Als die Plünderung zu Corintho geschehen/ wurden von dar 3000. Statuen nacher Rom gebracht/ durch welche die Römer sehr viel von denen Griechen erlernet und erfahren haben/ also daß sie die zu Corintho gemachte Statuen in

Rechte Spalte

guter Obacht vor andern behalten. Dàhero nicht zu zweifeln/ daß/ wie auch alle vernünfftige solches bekennen werden/ des Lycurgi, Epaminondae, Themistoclis, Solonis, Aristidis , Platonis, Miltiadis und anderer Statuen zu ihren Zeiten/ ihnen zu Ehren seyn gemacht worden: deren annoch in Rom/ Engeland/ Franckreich und zu München/ unterschiedliche zu finden. Ich habe dergleichen auch viel gesehen und nachgezeichnet/ welche auf hochschätzbaren Kleinodien/Edelgesteinen/ in Agath/Christall/ und Carniolen/ die meisten aber auf Medaglien gebildet waren: welches dann ein absonderlich Kennzeichen/ daß dazumal vortrefliche Meister gewesen/ weil sie von und auf so kostbaren Stoff gearbeitet haben. Zudeme ist auch vor gewiß zu halten/ daß die Medaglien nach den Statuen/ nicht aber die Statuen erst nach den Medaglien copiret und gemachet worden. Dann dieses war das Mittel/ wordurch die Contrafaiten und Statuen unter die Leute kommen möchten und gemeiner würden/ und hat man zu solchem Ende auf Medaglien gepreget/ damit jederman um ein geringes solche Bildung auch haben könte: Mehr hab ich auch Hectorem und Achillem auf Medaglien gesehen/ welche Contrafait zweiffels ohne zu deren Zeit gemachet/ und von denen Statuen/ so ihnen dazumals zu Ehren erhaben wurden/ abgesehen und copiret worden.

Daß nun diese Kunst mercklich zu genommen und zu Zeiten des Grossen Alexanders in höchster Vollkommenheit gewesen/ daß bezeugen die zu Rom vielfältige und zierliche Werckstuck/ welche den recht Kunstverständigen sehr wol bekandt/ nach welcher Gran maniera greca wir am allersichersten/ unsere Lehr und Absehen haben sollen. Weswegen wir dann unter unsern Bildern keines bey zubringen/ vergessen/ sondern alle noch übrige in diesen zweyten Theil eingebracht und beschrieben/ samt selbiger Zeit gebrauchten unterschiedlichen musicalischen Instrumenten und Pfeiffen/ ihrer Form/ und Art/ zu der Götter Diensten/ Festiviteten im Krieg zu Feld/ Mahlzeiten/ Commoedien und Leichbegängnüssen der Todten Gedächtnus/ in eigentlicher Vorstellung/ benebenst/ zu Ergötzung der Liebhabere/ mit gleicher Meinung/ der ersten 12. Röm. Käyser wahre Abbildung/ die ich aus allen Kunst-Cabineten zu Rom auserlesen/ samt den Antichen bassi relieven, oder Nieder erhobenen Historien/ welche alle auf den kostbarsten Edelgesteinen durch vortreffliche Hand gemacht und noch meist zu Rom in hohen Würden bey den grossen Herren und Liebhabern für besondere lehrliche Raritäten aufbehalten werden/ dem aufmerkenden Liebhabern der Antiquitäten zum Nutzen und Besten ertheilen wollen/ um mit ergötzlicher Lust solche bescheiden und ein Urtheil in Sittsamheit anzunehmen. Lebe wol!SandrartInformat. zur Quellenmarkierung
Die Vorrede »Uber den Andern Theil Von der Scultura, oder Bildhauer-Kunst« wurde von Sandrart verfasst.Julia Kleinbeck, 10.07.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 835