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TA 1675, II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 94

Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Raphael Sanzio van Vrbijn, Schilder, en Bouwmeester, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 117r–121v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631I67vI6]. Der Anfang weicht etwas von van Mander ab, der nicht so ausführlich über die göttliche Talentvergabe reflektiert. Außerdem wurden einige Passagen von Sandrart in der Abfolge umgestellt.Christina Posselt, 21.07.2010Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 303
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einer Hand ein altes Spiel-instrument, in der andern aber ein Buch haltend/ welche/ als nachsinnend/ ihre Augen gegen den Himmel erhebet/ neben sich aber zwey schöne spielende Kindlein hat. Im dritten Rond ist ein Theologus mit vielen Büchern und zweyen Kindern umgeben: In dem vierdten die Justitia mit ihrer Wag und Schwerdt/ gleichfalls mit zweyen Kindern vergesellschaftet/ und accordiret jeder Ronde auf die Historie/ so an derselben Mauerseite stehet. So sind auch in den Ecken dieses Gewölbs andere schöne Historien von kleinen Bildern/ auf die unten gebildete Historien sich schickende/ mit allerhand Zierrahten und artlichen inventionen erfüllet.

Untenher/ auf der Seite gegen dem Belvedere, Der Parnassus-berg ist der Parnassus-Berg und Helikons Bronnen gemahlet/ um denselben herum ein ein dicker Lorbeerwald/ in den Aura ein sanftes Windlein scheinet zu schicken: In der Luft fliegen etliche nackende Liebes-Götter/ welche Lorbeerblätter abbrechen/ Kränze binden/ und damit den Berg bestreuen/ die singende Musen bezaubern mit ihrer holdseligen Schönheit die Augen aller Ansehenden. Virgilius, Ovidius, Ennius, Tibullus, Catullus, Propertius und alle fürnehmste Antiche sind daselbst in ihren aus alten Medaglien hervorgesuchten Bildnissen zu sehen/ wie auch nicht weniger alle berühmteste moderne, als der sinnreiche Dantes, der fröliche Petrarcha, der verliebte Boccatio, der artliche Tibaldeus, und andere: Die gelehrte Sappho scheinet/ aus Schamhaftigkeit ihres Geschlechts/ sich von den übrigen ein wenig zu entfernen: Der blinde Homerus singet mit erhobenem Haupt seine Verse/ übrige stehen bey vieren/ sechsen/ oder sonst unterschiedlich zusammen auf dem Berge/ theils schreiben/ andere reden/ etliche dichten/ und zeiget ein jeder in den Geberden seine Geschäffte/ über alle aber ist der Apollo sehr kunstreich gebildet.

Die Disputation über die Hostie und Meß. In eben diesem Zimmer ist auch die Disputation der Gelehrten über die Hostie und Meß gemahlet: Ferner ein Himmel/ darinn Christus die Jungfrau Maria/ S. Johannes Baptista, die Aposteln/ Evangelisten/ und viele Märtyrer/ oberhalb in den Wolcken ist GOtt der Vatter/ den Heil.Geist auf die Schreiber sendend: vier Engel halten die vier Bücher der Evangelisten in der Luft offen/ und sind dabey unterschiedliche Theologi nach dem Leben gebildet/ alles mit solcher Vortreflichkeit/ daß man sich über die Nettigkeit der Gewände/ Natürlichkeit der affecten, Ordnung der Stellungen/ Annehmlichkeit der Gesichter nicht genug verwundern kan/ und mag man wol sagen/ daß Raphael von GOtt die sonderbare Gnad erlanget habe/ alle seine Sachen sehr hold- und liebselig zu machen.

Die Historie von dem Geist- und Weltlichen Recht. Auf einer andern Seite dieses Zimmers / über dem Fenster/ ist Käyser Justinianus, welcher den Doctoren die Käyserliche Recht zu corrigiren übergibt/ über diesen sind zu sehen/ Temperantia: Fortitudo und Prudentia: Gegen über übergibt der Papst den Cardinälen das Geistliche Recht/ und solle der Papst/ Julii Wie an früherer Stelle nennt van Mander auch hier fälschlicherweise Pius II. (vgl. Mander, Schilderboek, Het leven van Raphael Sanzio van Vrbijn, Schilder, en Bouwmeester, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 118v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631I67vI6]).Christina Posselt, 11.07.2011, die Cardinäle aber dern/ so damals gelebet/ Contrafäte praesentiren:

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Weil nun diese Werke dem Papst sehr wol gefielen/ ließ er ihn auch die andere Cammer anfangen Zwey Stuck bey S. Maria del Populo. zu mahlen. Bey S. Maria del Populo siehet man/ von seiner Hand/ des Papsts Contrafät mit Oelfarben/ welches so ähnlich solle gewesen seyn/ daß man sich dafür entsetzet hätte: Dabey siehet man noch ein Gemähl/ wie die Jungfrau Maria das Christ-Kindlein mit einem dünnen Tuch zudecket/ bey welcher Joseph in eines alten ehrlichen Mannes Gestalt stehet/ und sich auf einen Stab lehnet/ und werden diese zwey Stücke so hoch gehalten/ daß sie nur an hohen Festtagen gezeiget werden.

Weil zu dieser Zeit Michaël Angelo sich von Rom retiriren mussen/ besahe Raphael entzwischen seine angefangene Arbeit/ sich höchlich Zu S. Augustin der Prophet Esaias. über die köstliche Manier und Dapferkeit des Mahlers verwundernd. Darauf machte er zu S. Augustin den Propheten Esaias mit zweyen Kindlein. In des sehr reichen Kaufmanns Augustini Chisi Pallast Eine Galatea. mahlte er eine Galatea, welche von zweyen Delfinen in dem Meer fortgezogen wird/ um sie herum schwimmen allerhand Tritones und Meer-Götter/ und weil dieses Stuck sehr gefällig war/ dingte ihm dieser Kaufmann auch alla S. Maria della Pace, eine Capell. eine Capell alla S. Maria della Pace in fresco zu mahlen an/ worein der Künstler so kunstliche Arbeit gemacht/ daß sie für seine allerbäste gehalten worden/ und ihm grossen Ruhm/ so wol bey seinen Lebzeiten/ als nach seinem Tod erworben hat. Die hohe Altar-Tafel in der Kirche Ara Coeli. Nach diesem verfertigte er für einen Cämmerling des Papsts die hohe Altar-Tafel/ in der Kirche Ara Coeli genannt/ und in dieselbe hinten aus eine schöne Landschaft/ oben in der Luft die Jungfer Maria/ in sehr demütig- und doch anmuhtiger Gestalt/ mit dem Christ-Kindlein auf ihrem Schoß/ so mit ihrem Mantel artlich spielet. Unten stehn Johannes Baptista, aus dessen Gesicht die Aufrichtigkeit seines Gemüts herfür stralet/ S. Franciscus seine Augen in großer Andacht übersich zu der Jungfer Maria erhebend/ dieses thut auch der neben ihm stehende S. Hieronymus, welcher in Cardinals habit mit beyden Händen den knienden und fast lebendig scheinenden Cämmerling aufopfert: Recht unter der Jungfer Maria/ halt ein Kind eine Beyschrift/ und ist so holdselig in allen seinen Gebärden gebildet/ daß es zierlicher nicht seyn könte.

Das miracul, wie einem Priester die Hostie zerschmilzt. Hierauf fuhre er fort die Zimmer des Päpstlichen Palasts zu mahlen/ in dern eine er das miracul bildete/ da einem Meß-haltenden Priester/ wegen seines Unglaubens/ die Hostie zerschmilzt/ der deßwegen ganz schamroht/ sehr erschrocken und gleichsam zitternd aussiehet/ das Meß-Hörende Volk/ unter dem der Papst selbst gecontrafätet ist/ zeiget in unterschiedlichen actionen, den über diese seltsame Geschicht gefassten Schrecken/ unter andern sitzet eine Frau/ mit einem Kind an ihrem Hals/ welche sich gar anmuhtig umsihet/ und einer andern erzehlet/ was dem Priester begegnet: Und weil in die Mauer/ auf welche dieses Gemähl gebildet/ ein Fenster kame/ ordnete er so artlich eine Stiege dahin/ daß es scheinet/ sein Werk könne ohne dieselbe nicht vollkommen seyn. Mit dem Wort »anordnen« verbindet sich bei van Mander eine etwas andere Bedeutung: »waer aen blijckt, wat Raphael voor een ordineerder was« (vgl. Mander, Schilderboek, Het leven van Raphael Sanzio van Vrbijn, Schilder, en Bouwmeester, hier zitiert nach der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 119r [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631I67vI6]).Christina Posselt, 11.07.2011

Mander (Fortsetzung auf einer folgenden Seite)Informat. zur Quellenmarkierung
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 13): Mander, Schilderboek, Het leven van Raphael Sanzio van Vrbijn, Schilder, en Bouwmeester, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 117r–121v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/631I67vI6]. Der Anfang weicht etwas von van Mander ab, der nicht so ausführlich über die göttliche Talentvergabe reflektiert. Außerdem wurden einige Passagen von Sandrart in der Abfolge umgestellt.Christina Posselt, 21.07.2010Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 305