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TA 1675, II, Buch 1 (antike Künstler), S. 34

Mander (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:
Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 10): Mander, Schilderboek, Van Appelles, Prince der Schilders, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 76v–82r [Accessed: 2011-12-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63klvXmDK]. Sandrart ändert die Abfolge der bei van Mander gegeben Informationen.Christina Posselt, 08.11.2011Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 234
Linke Spalte

seyn? ob er einsmals zu Tyrus gewesen? ob er nicht vielmehr/ der großen Gutthaten und Ehre halber/ die ihm der König/ mehr als allen andern Meistern/ anthäte und erwiese/ ihne zu lieben/ und seinen Thron/ so viel ihm möglich/ zu befestigen/ Ursach hätte? Ob nicht der Ankläger/ als auch ein Mahler/ ihm mißgünstig/ und des Vorzugs halber feind seye/ also ihn aus Haß und Neid habe angeben können: Ungeachtet dessen alles/ wie gedacht/ fienge Ptolomaeus an zu rasen/ ihne zu schelten/ und an seinem ganzen Hof den Apelles für einen undankbarn/ leichtfärtigen und boßhaften Verrähter auszuruffen/ der von Jugend auf voller Büberey und verschmizter Schalkheit gewesen sey. Nun hatte Apelles die Stadt Tyrus sein Lebtag nicht gesehen/ weniger den Theodota gekennt/ als daß er von bloßem hören sagen gewust/ daß er von Ptolomaeo zu einem Hauptmann/ die Landschaft Phoenicien zu bewahren/ bestellet worden/ und schwebte also unschuldig in äuserster Lebens-Gefahr. Es verdroße aber diese boßhaftige Anklag/ des leichtfertigen Antiphilus, einen der Verrähterey mitschuldigen Gefangenen/ und hatte Mitleiden mit der Unschuld des fälschlich-beklagten Apelles, demnach offenbahrte derselbe/ daß er aller dieser Dinge unwissend/ und also auch an der Anklage ganz unschuldig seye. Als nun der König die Wahrheit erkundiget/ und des Apelles Unschuld verstanden/ hat er ihm/ an statt der Straff/ 100 Talent verehrt/ und den falschen Ankläger Antiphilus ihm zum ewigen Sclaven übergeben.

Indem nun unser wiedererledigter Künstler bey sich selbst erwogen/ in was große Gefahr/ er durch falsche Anklage kommen/ hat er sich sehr zierlich gerochen Sein Stuk/ die Verleumdung und ihre Gespielen abbildend./ indem er das Wesen und die Art derselben nachfolgender massen auf eine Tafel gebildet: Er mahlte einen sitzenden/ und mit langen Esels-Ohren/ wie Mydas, begabten König/ selbiger strekte seinen Arm aus/ nach der/ zu ihm kommenden/ Frauen Calumnia, oder falscher Beschuldigung/ gleichsam wolte er dieselbe zu sich ziehen: Zu einer jeden Seiten stunde neben ihm ein Frauenbild/ deren eines den falschen Argwohn/ das andere die grobe Unwissenheit bedeutet. Zu ihm kame die Calumnia, oder die falsche Anklage/ als eine sehr schöne/ und prächtig-geschmükte Frau/ in deren Angesicht eine rasende Tollheit/ als in dem Spiegel ihres falschen Herzens/ zu sehen war: Dieselbe hielte in der linken Hand eine Feuer-ausspeyende Fackel/ mit der rechten aber zoge sie/ ganz unbarmherzig/ bey den Haaren/ einen betrübten/ Augen und Hände gen Himmel aufhebenden/ und die Gerechtigkeit um Hülfe anflehenden Jüngling: Es begleitete sie auf der Seiten ein bleicher/ und/ wegen eingefallenen Gesichts/ häßlicher Mann/ als einer/ der jezo von einer tödtlichen Krankheit wider anfangt zu genesen/ doch sahe man aus seiner listigen und argen Gestalt/ daß er den Haß oder Neid bedeuten müste. Hinder ihr giengen die List und der Betrug/ abgebildet in zweyer Dienst-Mägde Personen/ welche ihre Frau ihres Amts erinnerten/ und zu Verrichtung desselben anmahneten. Auf der andern Seite stunde die Reu/ in Gestalt einer sehr betrübten/ und das Angesicht zurück kehrenden

Rechte Spalte

Frauen/ sie ware in schwarz-zerrissenen Kleidern verkapt/ und weinte als eine/ so beschämet worden ist; Dieser kame von ferne entgegen/ die/ als eine erbare und Majestätische/ doch nackende Frau abgebildete/ Wahrheit: Wormit dann Apelles den ganzen Verlauf seines Unglücks sehr sinnreich vorgestellet/ und seinen Widersachern ihr Unrecht stachelicht genug zu erkennen gegeben hat. Welches Stuck auch/ wegen der guten invention, und sonderbarer Liebe/ zu diesem fürtreflichen Mann/ nachgehends sehr hoch gehalten worden ist.

Ist gegen seine Mit-Meister gar beförderlich Gegen andere berühmte Meister/ seiner Zeit/ war er nicht mißgünstig; sondern jedem freundlichst geneigt: wie er dann die einige Ursach gewesen/ daß Protogenes einen so großen Namen bekommen/ in der Insul Rhodus. In gemein werden inländische Sachen nicht so hoch/ als ausländische geachtet/ also gieng es auch den Werken des guten Protogenes, derenthalben kaufte sie Apelles von ihme/ und gabe ihm darfür 50 Talent, sind/ unsrer Münz nach/ 30000 Gold-Cronen/ dabey liese er das Gerücht auskommen/ daß er solche Stucke für seiner Hände Werk verkauffen wolte: Hierdurch wurden die Rhodier bewogen/ den Protogenes und seine Werke hoch zu achten/ zumahl da Apelles hernach dieselbe Gemälde keinem wider in dem Preiß lassen wolte/ wie er sie eingekauft. Hiermit/ allen Kunst-liebenden/ ein denkwürdiges Beyspiel hinterlassend/ daß sie einander günstig/ und/ nach äuserstem Vermögen/ beförderlich seyn sollen: Sintemal ja fast keine edlere Tugend unter den Menschen ist/ als die freundliche Aufrichtigkeit/ absonderlich würde dieselbe der edlen Mahler-Kunst großen Nutzen bringen/ wann sie in den Herzen aller Liebhabere eingepflanzet wäre.

Macht sehr fürtrefliche Contrefät. In dem Contrefäten nach dem Leben/ war er sehr fürtreflich/ und kamen seine Gemälde mit der Gemahlten Thun und Wesen so treflich überein/ daß der Gelehrte Appion von ihme zeuget/ daß ein Physiognomus aus einem von dem Apelles gemahltem Contrefät/ dem Gebildten von seinem vergangenen und zukünftigen Glück und Unglück geweissaget/ und es wol getroffen habe. Die Fehler der Natur wuste er in den Contrefäten artlich zu verbergen/ wie er dann den König Antigonus, welcher mit einem Aug scheel sahe/ in profil gebildet/ daß also das scheele Aug nicht gesehen/ und der Mangel der Stellung des Gemähls zugeschrieben wurde. Er und Polycletus waren gewohnt/ auf alle von ihnen gemachte Tafeln zu schreiben: Apelles oder Polycletus machte diß; Damit anzudeuten/ daß/ ob sie es schon weit gebracht/ gleichwol das Werk noch unvollkommen/ und nur ein Anfang der Kunst seye/ wolten auch zugleich die Fehlere/ so irgend eingeschlichen wären/ entschuldigen. Auf drey Stücke allein hat Apelles geschrieben: Das hat Apelles gethan; weil er diese für seine bäste Arbeit hielte/ wie sie dann auch männiglich/ wegen der darinn verborgenen Kunst/ zu sehen gewünscht und verlanget hat.

Andere seine Werke/ Venus Anadyomene, Coa. Er machte auch nach seiner Liebsten/ der unvergleichlich-schönen Campaspe, Bildnis/ zwey überaus schöne Venus-Bilder/ Anadyomene genannt/ weil sie/ aus dem Meer hervorklimmend/

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Als Quelle liegt hier folgender Text zugrunde (vgl. Sponsel 1896, S. 10): Mander, Schilderboek, Van Appelles, Prince der Schilders, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 76v–82r [Accessed: 2011-12-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/63klvXmDK]. Sandrart ändert die Abfolge der bei van Mander gegeben Informationen.Christina Posselt, 08.11.2011Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 236