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TA 1680, Iconologia Deorum, S. 154

Linke Spalte
Er konnt um einen Baum die Reben binden lehren/
und grünes Gras der Erd mit einer Sichel scheeren/
Ihn hat an dem Geschmack die Trauben- Meng ergetzt/
da er sie doch zuvor mit seinem Fuß ver- letzt.

Und etwas weiter unten lässt er sich ferner also hören:

Non tibi sunt tristes curae, nec lu- ctus Osiris,
Sed chorus, & cantus, sed levis, aptus amor,
Sed varii flores, & frons redimita corymbis,
Fusa sed ad teneros lutea pulla pedes.
Et Tyriae vestes, & dulcis tibia cantu,
Et levis occultis conscia cista facris.
Osiris mag nicht seyn/ wo Sorg- und Trauer-Grillen/
durch ihr Verdrußgerüll/ so Kopf/ als Ohren füllen.
Er ist nur wo Gesang/ wo Täntz und Liebe sind/
und wo der Trauben-Raub die sichern Schläfe bindt.
Ein langer Weiber-Rock/ ein Pfeiffen- Spiel zu geben/
ein heilge Kisten-voll Geheimnus ist sein Leben.

Osiris hat eine Habichts Gestalt. Osiris wird bey den Egyptern unterweilen in Gestalt eines Habichts gebildet gefunden/ welcher Vogel bey Nacht scharff siehet/ und überaus schnell fliegen kan/ worinn er der Sonne nachahmet/ deren Bildnus er auch ist. Die Egypter aber pflegten ihn/ wie Plutarchus im Buch von der Isis und dem Osiris schreibet/ öffters als einen in roth Tuch gekleideten Menschen/ und mit einem starrenden Manns-Gliede/ auszubilden/ dessen Ursach wir hernach in Beschreibung der Bildnus deß Osiris erschlagen und in Stücke zerrissen. Priapus anzeigen wollen/ dieweil dasselbe ein Theil vom Osiris gewesen. Dann man lieset/ daß Typhon sein Bruder einen Aufruhr wider ihn erregt/ ihn umgebracht/ in Stücken zerrissen/ und unter die Aufrührer ausgetheilt habe/ das männliche Glied aber habe man/ weils keiner annehmen wollen/ in den Nil-Fluß geschmissen; Indem aber die Isis/ als seine Gemahlin/ eine geraume Zeit von seinem Tode nichts erfahren können/ habe sie ihn mit grosser Mühe hin und wieder gesucht/ bis sie endlich dieser schändlichen That vergewissert

Rechte Spalte

worden/ den Typhon überwunden/ und von den Aufrührern alle deß Osiris Gliedmassen wieder bekommen; nachdem sie nun jedwedes an seinen gehörigen Ort gesetzt/ habe sie gesehen/ daß ihm das männliche Glied gemangelt/ worüber sie grossen Schmertzen empfunden/ und sein Bildnus mit ernstlicher Devotion zu verehren offentlich aufgestellt/ welches hernachmals unter deß Priapus Namen göttlich seye verehret worden. Und damit diese Begebenheit niemahls vergessen würde/ habe sie jährlich ein Fest angeordnet/ woran man mit grossem Pomp/ auch Weinen und Heulen/ den Osiris gesucht; und bald hernach ward/ gleich als man ihn gefunden hätte/ mit offentlicher Freuden-Bezeugung ein Knab herum getragen/ der den gefundenen Osiris praefentiren muste. Dahero hierauf Ovidius zielet/ wann er an einem Orte saget:

--- --- Nunquam satis quaesitus Osiris.
Osiris den man nie genugsam suchen kön- nen.

Horus. Fast ein gleichmässiges ist auch dem Horus begegnet/ den seine Mutter Isis lange beweinet/ weil er nirgend zu finden war; nachdem sie ihn aber wieder gefunden/ hat sie sich inniglich erfreuet. Macrobius im I Buch Saturnal. will ihn für die Sonne gehalten haben/ und vermeinet/ daß von ihm die Stunden/ darein der Tag abgetheilet/ ihren Namen (horae) empfangen. Andere meinen/ es werde durch ihn der Welt vorgebildet. Seine Bildnus machten sie in Gestalt eines Jünglings/ der deß Typhons männlich Glied in der Hand hält/ dann man von ihm erzehlt/ er habe zwar den Typhon überwunden/ aber nicht getödtet/ weil selbiger sich in einen Crocodil verwandelt/ und ihm also von stund an entflohen sey. Dannenhero zu Apollinopolis, einer Stadt in Egypten/ ein Gesetz war/ vermöge dessen den Crocodilen keine Ehre angethan/ sondern sie alle verjagt/ gefangen und getödtet/ die Ertödeten aber vor den Tempel Hor gelegt werden solten.

Typhon. Vom Typhon fabulirte man vor Alters/ wie Apollodorus erzehlet/ er seye von der Erden erzeugt worden/ damit selbige dardurch sich an den Göttern rächete/ welche die Riesen umgebracht hatten. Dannenhero ihn Plato in Phaedro eine feurige und grimmige/ von vielfältiger Natur bestehende Bestie nennet: dieser übertraff an Grösse und Länge deß Leibes alle andere von der Erden erzeugte Kinder sehr weit. Sein Obertheil sahe einem Menschen gleich/ und war mit Federn bedeckt/ auch so verwunderlich groß/ daß er die höchsten Berge übersehen konte/ und mit dem Kopfe die Sterne zu berühren schiene: wann er die beeden Arme ausstreckte/ konte er