TA 1680, Iconologia Deorum, Vorrede [I]
ANaxagoras hat so unrecht (wie etwan Plutarchus zu seiner Zeit/ und Aristoteles vor ihme vermeinet) nicht gesagt/ daß der Mensch darum der Verständigste seye/ weil er unter allen Thieren allein Hände habe: Dann dieser grosse Mann zielte mit solchen Reden auf die Vereinigung/ welche gemeiniglich die Hände mit des Menschen Sinn haben. Und dieses mit solchem Wahrheits-Grund/ daß auch Aristoteles an einem Ort uns zum besten aufgezeichnet hinterlassen: Die Natur habe dem Menschen zwey grosse Werckzeuge übergeben/ nemlich dem Leib die Hände/ und dem Gemüth den Sinn. Dann gleichwie diese/ wann sie miteinander vereinbahrt/ Lob- und Wunder-würdige Dinge begehen; also können sie auch eine grosse Verwirr- und Unordnung verursachen/ wann selbige in einer sonst wol-regulirten Invention oder Erfindung nicht beysammen stehen. Dieses alles ist bishero vielfältig erwiesen worden/ absonderlich aber in mancherley nachdencklichen Wercken/ die eine Figur vonnöthen gehabt haben; welche zu ihrem Unglück entweder durch des Meisters Tod/ oder sonst dergleichen Unfall verwahrloset/ insonderheit aus Ersparung derer hierzu benöthigten schweren Unkosten/ hernach in der ohnerfahrnen Mahler oder Zeichnere Hände gerathen: die zwar/ was eine Feder oder Pensel sey/ etwas verstanden/ jedoch aber derjenigen Wissenschafft/ so die vollständige perfection eines solchen Wercks erfordert/ beraubt gewesen. Ich für meine Person hab deren viel in acht genommen/ und bin versichert/ daß auch andere/ die in dergleichen Arbeit sich bemühet/ ein mehrers als ich/ bemercket haben werden: Allein meine Meinung zu besteiffen/ ist mir genug/ deren etliche nur obenhin zu berühren. Und zwar das Buch Horapollo genannt/ (von welchem wir allhie den Anfang machen) wann anders das Buch/ welches wir aus denen Hieroglyphicis haben/ des Horapollinis ist/ oder vielleicht eher/ ein kurtzer von andern daraus gezogener Begriff: Dieser Horapollo, wollte ich sagen/ ist zwar in Italien und andern Orten mit Figuren mehr als einmahl gemacht worden/ dannoch aber findet sich nicht eines unter alldenjenigen/ welches recht seye. Also ist auch La Notitia dell’ Imperio Orientale ed Occidentale, durch Guido Pancirollo mit vielen Zeichnungen (welche doch etwas von den Antichen in sich haben wollen) verfertiget/ mit solchen abscheulichen Unfürmen angefüllet/ als ob sie eine Kinderschul were. Besagtermaßen
hat auch die alte Astronomie von sothanen Fehlern sehr viel erlitten: das Hieroglyphische Buch von Gio. Pietro Valeriano wäre ein vortteffliches Werck/ wann die Figuren so gut/ als wie dessen Beschreibung. Der berühmte Vincenzo Cartari Reggiano in seinem Italianischen Schonbuch/ genannt le vere e novi Imagini de gli Dei delli Antichi/ ist erfüllet mit sehr viel Bildern der alten Götter/ die sind aber mehrentheils auch nicht/ wie sie billig seyn solten. In eben dergleichen Werk hat Lorenzo Pignoria Padovano solche zwar zu verbessern vermeint/ aber auch mit schlechten Holtzschnitten versehen. Welches Werck nachmals von Antonio Veroenio in lateinischer Sprach etwas besser eingerichtet/ uns deswegen also wohlbeliebet; dannenhero wir auch Ursach genommen ihme in diesem unsern Werk mehr zu folgen als keinem andern; soviel die Ordnung und Beschreibung belanget: was aber die darinnen in Holtzschnitt befindliche Figuren/ Historyen der angezogenen Götter/ wie viel auch deren sind/betrifft/ ist kein einiges Bild ohne Fehler von uns befunden worden. Weil dann diese schöne Studia der Antiquitet für sich selbst von grosser Würde/ in den Kunst-Regeln vortreflichst beschlagen/ und in allen Theilen eine nöthige Schul/ ohne welche nichts von Poesie oder der Alten Historien in Gemählden/ Bilderey noch anders denckwürdigs Werckstellig gemacht oder repraesentirt werden kan/ man folge dann der Antichen gerechten Ordnung nach: Also hab ich/ um desto sicherer zu solcher Wissenschafft zugelangen/ mir selbst angelegen seyn lassen/ daß ich Zeit meiner Studien zu Rom nach allen diesen Göttern in derer Tempeln sie gestanden/ oder sonsten zu dergleichen Gebrauch aufgehalten/ und der verzehren den Zeit zu trutz noch überblieben/ wie auch bey den Liebhabern alda in denen Palazzen/ auch auf offentlicher Straße/ besonderlich aber in denen Cabineten von Marmolstein/Metall/ Porfido/ auch in Agat/Onix/Sardonick/ Gold und Silber/ die durch derselben Antichen damals selbst gebildet und dahin verehret worden/ aufs aller fleissigst gesucht/ selbige selbst nachgezeichnet/ und noch täglich durch andere alda aufhaltende beständige Correspondentz wann etwas curiösers aufs neu aus der Erden hervorgebracht wird/ wie noch zum öfftern geschicht/ mit ebenmessigen Fleiß nachzeichnen also folgends in selbige Gestalt durch unsere erfahrnste Virtuosen in Kupfer bringen lassen: damit unsere Teutsche Academie um soviel mehr zu diesem edlen Studio erhoben/ und desto nützlicher gebraucht werden möchte. Es wird der günstige Leser zwar in etlichen Figuren einige Ungleichheit an der Grösse und Gebrauch befinden/ welches aus denen Ursachen