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TA 1679, Metamorphosis, S. 122

Linke Spalte

Ganymedes ist der Aquarius. eingenommen/ uns zwar nicht Nectar/ iedoch Wassers gnug einschenckt/ und herab schüttet. Bey Entsetzung der Hebe von ihrem Mundschenck-Amt/ ist zu bemercken die grosse Unbeständigkeit/ so an den meisten grossen Herren gefunden wird. Dann weil sie grosse Macht haben/ gebrauchen sie sich auch vielen Willens/ und ermangeln ins gemein aller Gedult und Leidsamkeit eines gemeinen Mannes/ dann derselbe eines Menschen unversehenen Gebrechen/ in seinem Dienste/ leichtlich übersehen und vergessen kan; welches aber jene nicht zu thun gewohnt sind. Dahero dann/ im gemeinen Sprichwort/ wol gesagt wird: Herren-Dienst erbet nicht. Und/ wann einer einen grossen Herrn die gantze Lebens-zeit getragen/ und setzte ihn dann nur ein wenig unsanfft nieder/ so wäre alle Arbeit umsonst und verloren/ auch Undanck der unfehlbare Lohn darfür. Nunmehro kommen wir auf den Hyacinthus.

Vom Hyacinthus.

Andere wollen/ vom Könige Amycla. HYacinthus war ein Sohn des Oebalus/ und bürtig von Amyclis/ gelegen in der Landschaft Sparta/ oder Lacedämonien/ von einem edlen Geschlecht/ ein ausbündig-schön und sehr annehmlicher Jüngling/ deme Apollo in Lieb und Freundschafft so zugethan war/ daß er ihn unterschiedene Künste lehrete/ und täglich sehr gemein mit ihm lebete. Dieses beneidete der Westwind/ oder Zephyrus, nicht wenig/ daß er nicht auch einen so freundlichen Umgang mit diesem Jünglinge haben konte: Darum er ihm alles zu wider thate/ ihme den Staub ins Gesicht wehete/ seine schöne Haut verunreinigte/ den Blumenkrantz vom Kopffe warff/ und die Haarlocken sehr übel verwirrte/ auch im geringsten keine Freundschafft erzeigte/ als daß er ihm/ in der grossen Hitze/ unterweilen eine kleine und geringe Kühlung zuschickte. Als nun dieser Zephyrus sahe/ daß er ihn/ zu seiner Liebe/ nicht bewegen mochte/ ob er ihme schon versprochen hatte/ ihn allein zum Herrn zu machen aller lieblichen Lentzen-Blumen: nahm er ihme vor/ denselben/ seinem Widersacher zum Schimpff/ umzubringen/ deswegen er sich eins/ da er mit dem Apollo den Stein/ oder die Scheibe warff/ sich hinder etwas verbarg/ und einen so starcken Wind auf den Stein bließ/ daß selbiger dem Jünglinge gerade auf den Kopff fiel/ und ihn todt zur Erde niederstürtzte etc. worüber Apollo so betrübt ward/ daß er dieses Land verließ/ und hingieng die Trojanische Mauren zu bauen/ welches/ wie unser Poet/ in dem Sendschreiben des Paris/ sagt/ geschahe/ durch den lieblichen Klang seiner Harffe/ worvon die Steine von sich selbst zusammen geloffen. Welche Fabel eine/ wiewol unsern Vorhaben wenig dienende/ natürliche Auslegung auf die Wirckung der Sonnen hat. Philostrates/ in seiner Beschreibung des Pans/ scheinet/ die vom Phoebus geliebte Hyacinth-Blum/ gleichnusweis/ auf die Alchimie zu ziehen/ dardurch man das Gold auf seine äusserste natürliche Krafft/ so der Anfang aller Hauptartzney/ vermittelst dero man/ so wol alle metallische/ als menschliche Leichname in vorigen

Rechte Spalte

Stand setzen und bringen kan: dann können wir daraus lernen/ daß alle Unmässigkeit/ oder Unvernunfft weder dauerhafft/ noch beständig sey/ und endlich ein stetiges Erneueren der Traurigkeit und Klagens gebäre/ wie die Hyacinthblume/ mit ihrem Au-weh beschrieben/ ausweiset. Daß die Cretische Cerasten wegen ihrer Greuel gestrafft werden/ von der Venus/ als einer Feindin der Grausamkeit/ deutet/ wie wir/ in ihrer Vereinigung mit dem Mars/ erzehlet haben/ an/ daß die widerwärtige Zielungs-Principiader Dinge/ wenn sie recht gemässigt sind/ die Welt beständig im Wesen erhalten: Dann wann Zorn/ Neid/ Grausamkeit und derogleichen Boßheiten/ nicht gesänfftiget und verbessert würden/ mit Freundligkeit/ Liebe/ Güte/ und andern solchen Tugenden mehr/ so müste aller Wolstand und Glükseeligkeit der Menschen/ oder dieser Welt/ nohtwendig zu Grunde gehen. Daß diese grausame Menschen in gehörnte Stiere verändert worden/ deutet an/ daß solche Mörder/ oder unmenschliche Leute unvernünfftig/ wild und stoltz werden/ dann/ durch die Hörner/ unter andern auch Stoltz und Hochmuht angedeutet wird. Dem Pygmalion/ in sein Handwerck Lehrliche Erklärung vom Pigmalion. verliebt/ sind zu vergleichen die in ihre eigene gute Wercke zu sehr verliebt/ auf sich selbsten vertrauen/ darinnen doch das Leben nicht zu finden ist/ bis sie aus sich selbsten ausgehen/ und zur rechten Venus/ oder der Liebe Gottes/ und des Nächsten/ als durch welche die Tugenden lebendig und fruchtbar werden/ kehren. Die Fabel von der Myrrha hat/ nach einiger Scribenten Meinung/ eine natürliche Bedeutung/ daß es nemlich sey ein Baum bey den Sabeis/ der von der Sonnen kräfftigen Stralen allda entzündet wird. Und gleichwie die Sonne ein Vatter genannt wird aller Gewächse; also wird gedichtet/ daß Myrrha in ihren Vatter verliebt: dieweil sie/ die Sonne/ diese/ mit ihrer Hitze/ zu zerspalten pfleget/ woraus dann nachgehends die kostbare Myrrhe fliesset/ welche den Adonis/ das ist/ einen süssen/ oder lieblich-angenehmen Geruch (dann Adonis süß heisset) gebieret.

Ehe wir nun zu des Adonis Fabel kommen/ müssen wir die Atalanta/ und den Hippomenes vor uns nehmen. Ohne lange Erzehlung aber zu machen/ sollen wir/ durch dis guldne Apffel-lesen/ verstehen und bemercken/ daß kein Ding in der Welt so kräfftig sey/ die Standhafftigkeit und Erbarkeit der Weibspersonen zu beugen/ ihr keusches Vornehmen zu brechen/ und ihr reines Gemüht/ wie kräfftig es auch seyn möge/ zu beflecken und zubewegen/ als das Gold/ des Hertzens Polarstern: dann es scheinet/ als ob einer iedweden Hertz/ mit dem Magnet der Begierden bestrichen/ durch diesen hellblinckenden Stern angelocket und gezogen/ und die gröste Menge/ mit der Atalanta/ im lauffe (der Aufrichtigkeit) gehindert werde: Dann die Menschen/ um zeitlichen Gewinsts willen/ von der brennenden Lust/ nicht allein zu grosser Arbeit und Kummer/ sondern auch zu Gewalt/ Lügen/ Heucheley/ Meineyd/ Untreu/ Raub/ Mord und Betrug/ aus der rechten Bahn/ tieff in des Feldes Irrwege auszuschreiten/ angetrieben werden. Gleich wie diese Läufferin/ des Golds wegen/ tief hinein in das Feld lieff/