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TA 1679, Metamorphosis, S. 42

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Die Fabel/ von dem Mars und der Venus/ haben wir/ zum Theil/ in Beschreibung des Vulcanus/ erklärt: Dieweil wir aber nunmehro an dem Orte seynd/ allwo darvon geredet werden muß; wollen wir annoch verschiedene Erklärungen beybringen. Erstlich aber muß man wissen/ daß diese des Mars und der Venus Buhlerey vom Homerus/ im achten Buch seiner Odysseen/ umständlich beschrieben werden/ da er meldet/ daß Ulysses/ bey denen Pheacensern/ sey/ und der Harffenschläger Demodocus diese Geschicht spiele/ und drein singe. Vors andere/ schreibet Lucianus darvon/ in dem Gespräche des Schuhflickers Mecillus und des Hahns: dieser füget annoch bey/ daß Mars einen Kammer-Diener gehabt/ der ihme sehr lieb gewesen/ mit Namen Alectryon Martis Kammer-Diener in einen Hahn verwandelt. Alectryon/ oder nach der Lateinischen Sprache/ Gallus/ den er mitgenommen/ wann er mit der Venus Ehebruch begangen. Dann weil er beförchtete/ es möchte der Sonne seiner bösen That einmal ansichtig werden/ und solche dem Vulcanus zu erkennen geben: ließ er iederzeit diesen Alectryon/ als einen wachsamen Jüngling/ der Thür warnehmen/ und Wacht halten/ damit er ihnen anzeigte/ wann die Sonne aufstehen würde. Einsmals aber trug sichs zu/ daß/ zu ihrem grossem Unsterne/ derselbe in einen Schlaf fiel/ und die Wacht übersahe: also/ daß die Sonne dem Mars und der Venus über den Halß kam/ weil sie annoch beysammen/ ohne einig Nachdencken/ im Bette gelegen/ in Meynung/ Gallus sie schon warnen würde/ in Fall iemand hinein gehen wolte. Und nachdem diese That dem Vulcanus/ durch die Sonne/ hinderbracht worden/ hat er sie beyde in seinem Netze gefangen: und als Mars endlich wiederum loßgelassen worden/ erzörnete er sich über seinen Kammerdiener dermassen/ daß er ihn in den Vogel/ welchen wir einen Hahn nennen/ verwandelte: der auch annoch den Helmkamm seines Herrn auf dem Haupte trägt. Dannenhero kömt es/ daß der Hahn/ noch diese Stunde/ so sorgfältig wachet: der Meynung/ seinen Fehler/ welchen er damals an seinem Herrn begangen/ zu ersetzen. Zu welchem Ende er allezeit vor Tags schreyet/ und die Ankunfft der Sonnen anzuzeigen pfleget. Was nun dieser ehebrecherischen Zusammenfügung Bedeutung angeht/ so ist/ vors erste/ wol zu bemercken/ die grosse Ungleichheit dieser zwey Verliebten/ nemlich des Martis/ dessen Art und Eigenschafft anders nichts ist/ dann verderben und umbringen/ inmassen Homerus selbsten zeuget/ wann er saget:

Der wilde wütrich Mars bringt Land und Stadt in Nöthen.
Es ist ihm eine Lust/ zu würgen und zu tödten.

Natürliche Außlegung des Mars und der Venus. Und der Venus; welche zeuget und hervorbringt alle Arten und Geschlechte der Thiere/ und anderer grünen Gewächse. Daß diese sich zusammen fügen/ die so gar widerwärtig sind/ ist merckwürdig: dann durch den Mars und die Venus Uneinigkeit und Freundschafft zuverstehen sind. Wann nun hierzu/ gleichsam über den Halß/ kommet der Vulcan/ kan nichts darvon kommen: dann der Vulcanus/ als die grösste Hitze/ sie alle beyde vertilget/ ihren Anfang überwältigt und sie zu wurtzeln

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verhindert. Also daß die Poeten diese Gedichte darum vorgebracht/ weil die Handlungen und Dinge dieser Welt alle eine gewisse Temperatur und Mässigung erfordern/ wann sie/ in ihrer Gestalt und Wesen/ erhalten und bewahret werden sollen. Dannenhero dann diesen Eltern nicht unfüglich die Zeugung der Harmonia zugeschrieben wird. Sie haben (sagt Cartarus Gemeint ist hier Cartari, Imagini degli dei.Saskia Schäfer-Arnold, 16.03.2011) die Venus mit dem Vulcanus vergesellet/ und Mann und Weib zu seyn vorgegeben/ dieweil die Fortpflantzung der natürlichen Dinge/ so durch die Venus/ abgebildet worden/ ohne die Hitze/ welche durch den Vulcanus bedeutet ist/ nicht geschehen kan. Und eben dieser Ursachen halber/ Lehrliche Außlegung des Mars/ und der Venus. fügen sie auch den Mars der Venus bey/ und verstehen dardurch die Hitze der Sonnen. Uber ietzt erzehltes/ sagt auch Aristoteles/ daß die Vereinigung dieser zweyer nicht unfüglich erdichtet sey/ weil das Kriegsvolck gemeiniglich zur Geil- und Unkeuschheit geneigt zu seyn pflege. Die Sonne kan hiebey eine Bild-Lehre geben/ daß vielmals die feurbrennende unziemliche Wercke der fleischlichen Liebe/ wie heimlich sie auch geschehen/ entdeckt/ und an das Liecht/ oder an den Tag gebracht/ vor aller Welt zu Spott und Schanden werden. Oder aber es wird/ durch die Sonne/ verstanden die Weißheit/ als welche der leichtfertigen Unzucht und aller Sünden feind ist; Und hinwiederum ist die Wollust/ als eine abgesagte Feindin der Weißheit/ durch die Venus abgebildet und vorgestellet worden. Nunmehro bleibt noch übrig/ anzuzeigen die Ankunfft Martis/ und wer derselbe gewest sey/ wie ingleichen auch der Venus Ursprung/ die wir allhier nicht können vorbeygehen.

Von dem Marte.

Von des Mars Anxunfft Ankunfft. MArs/ der Gott des Kriegs/ oder Krieg selbsten/ ist ein Sohn der Juno: Einige meinen/ die Juno habe ihn ohne Zuthuung eines Mannes geboren; nachdem sie sich darüber gealterirt/ daß Jupiter ohne Weib/ durch blosses anrühren seines Haupts/ die Minerva geboren: Also sey die Juno nach dem Meer gegangen/ um zu versuchen/ wie sie ohne Mann empfangen möchte. Als sie nun müde gewesen von der Reise/ und vor der Flora/ Göttin der Blumen/ und des Zephyrus Gemahlin Behausung sich niedergesetzt zu ruhen; habe diese sie gefragt/ warum sie diese Reise vorgenommen hätte? Und nachdem ihr die Juno solches gesagt/ habe die Flora geantwortet: dafern sie die Sache/ vor dem Jupiter verbergen wolte/ wäre sie willig/ ihr Begehren zu erfüllen. Welches die Juno also gelobt/ darauf ihr die Flora geoffenbart/ daß in den Olonischen Feldern eine Blume/ der Gansedistel/ oder wilder Hasenkohl nemlich/ wüchse/ und daß/ wann sie solche nur anrühre oder kostete/ sie von Stund an schwanger seyn würde: welches auch geschehen. Andere dichten/ daß sie bloß/ mit der Hand/ sie auf den vordern Unterleib geschlagen habe/ worvon sie schwanger worden sey. Nachdem nun das Kind zur Welt geboren/ sey ihme der Name Mars gegeben worden/ weil er der Männer Obrister im Kriege seyn solte; angemerckt/ sein Name von