TA 1679, Metamorphosis, S. 27
Von dem Proteus.
PRoteus ward gleichfals/ wie Zezes/ in der 44. Geschicht seiner Chiliaden/ gedencket/ für einen Gott des Meers/ und Sohn des Neptuns/ und der Nymphen Phoenisa geachtet. Seine Wohnung und Aufenthalt sol er in dem Eyland Pharos/ bey Alexandrien/ gehabt haben. Xantippus schreibet/ in der Lydischen Historie/ daß Protens Proteus gehalten worden/ für einen Sohn des Oceans und der Tethys. Euripides saget/ er habe die Psamathe geehligt/ mit welcher er gezeugt einen Sohn und Tochter/ Theonoe und Theolymen/ und dann noch drey Töchter: unter welchen die eine/ Namens Idothea/ den Menelaus/ in Egypten/ lehrete/ wie er ihren Vatter betriegen könte/ damit er seine Reise möchte beschleunigen: in dem sie ihm riehte/ daß er/ und seine Geferten/ sich in frische Meer-Kälber-Häute verkleidet/ niederlegen/ und als ob sie schlieffen/ stellen solten; welches sie auch thaten. Nachdem nun/ auf dem Mittag Proteus gewohnt war/ ausser der Hitze/ mitten unter den Meer-Kälbern zu wandeln: fingen sie denselben/ und hielten ihn/ ob er sich schon in mancherley Gestalten veränderte/ sehr feste/ auf daß sie erfahren möchten/ was ihnen auf ihrer Reise begegnen solte: Dann er ein vortrefflicher Weissager des Neptunus war; inmassen diese Fabel zu lesen/ im vierdten Buch der Odysseen des Homerus. Orpheus nennet ihn den Anfang aller Dinge/ und ältesten unter allen Göttern; sagt auch/ daß er die Schlüssel des Meers habe/ der Höchste aller Dinge und Anfang der gantzen Natur sey; wie zu sehen/ in seinen göttlichen Lobgesängen/ alda er schreibet:
des Meers/ der Schlüssel-Herr/ ja in der¶ weiten Welt/
des Anfangs aller Ding/ bist Ursach/¶ und kanst zwingen
den heilgen Stoff/ daß er/ in Wunder-¶ vielen Dingen/
Verwandelt die Gestalt; bist aller Weißheit¶ voll/
so daß du weist was ist/ was war/ und¶ werden soll.
Sie beschreiben ihn auch also/ daß er auf einem Wagen fahre/ und von Meer-Kälbern gezogen werde/ welche Meer- oder See-Kälber der Poet Virgilius/ im vierdten Buch seines Feld-Baues/ zweyfüssige Pferde nennet/ nemlich in beygefügten Versen:
und misst die weite See/ etc.
Die Lateiner haben ihn geheissen Vertumnus/ von dem Wort Verto, welches so viel bedeutet/ als ich wende um/ oder verändere: dieweil er sich/ in so mancherley Gestalten verkehren konte: Worvon sonderlich unser Poet Ovidius/ im vierzehnten Buche/ Warum ein Sohn des Neptunus. zu lesen. Dieser Proteus nun wird des Neptunus oder Oceans Sohn genannt/ und gehalten für die Krafft oder Tugend der Lufft: (welche man/ nach der Stoischen Philosophen Meinung/ den Jupiter nennet/ und die alle Dinge zu durchdringen pfleget) dann die nächste Lufft wird aus dem Wasser/ das/ nachdem es dünn und subtill worden/ sich darein solvirt und verändert. Dieser Proteus ist die Natur der Lufft/ durch dero Temperatur alle Creaturen oder Geschöpffe/ als Thiere/ Kräuter und Bäume/ ihr Wachsthum haben/ und aus derselben ihres Wesens Anfang ziehen; wie solches der Poet/ Homerus/ in seiner vierdten Odyssea/ fast zu beweisen scheinet/ mit dieser Band-festen Rede:
an sich; dann Tiegers-Grimm/ und wilden-¶ Schweines-Schnauben.
Bald wird er eine Schlang/ bald reichbezweigter¶ Baum/
bald glintzt er Feuer-roht/ bald wird er¶ leichter Schaum
und blaues Wasser gar/ etc.
Warum man sage/ Proteus verandere so viel? Dann nach welcher Maß die Lufft erwärmt oder beschaffen ist/ nach derselben/ kommen/ aus einerley Materi/ Bäume oder Thiere hervor/ oder es wird die Materi in den Elementen verändert: Und dieses haben die Alten/ mit der so mancherley Veränderung der Gestalten/ andeuten und zu verstehen geben wollen: angesehen/ das Wort Proteus anders nichts/ als den ersten Ursprung/ bedeutet. Dann alles Vornehmens erste Materi/ nimmt vorher ihren Ursprung in den Gedancken/ ehe sie ihre Gestalt empfähet/ und begehret nichts anders/ dann ins Werck gesetzt zu werden/ damit sie/ durchs Unterschiedene Meinungen des vorhergehenden. Werck der Natur/ einige Gestalt gewinne. Weswegen dann gesagt wird/ das Proteus in so viel und mancherley Dinge verändert werde. Jedoch scheinet es/ als ob Lucianus/ in dem Gespräche vom Schiffe/ darvor halte/ daß Proteus zur See eine gute Erfahrung gehabt habe/ wann er sagt. Er war nach Aussage derjenigen/ so mit ihm gefahren/ so wunderbar in seiner Kunst/ und zur See dermassen erfahren/ daß er (wie es schiene) auch den Proteus/ selbsten übertraff. Diodorus eignet/ in seinen andern Buche/ alle des Proteus Veränderungen/ den Gewonheiten der Egyptischen Königen zu/ als welche/ zur Vermehrung ihrer Majestät und Herrlichkeit/ sich ihren Unterthanen in unterschiedenen Bildungen/ als der Leuen/ Tieger/ Bäre/ Stiere/ Drachen/ Bäume/ oder eines Feuers und Räuchwercks/ in einem Gefässe/ vorgestellt und sehen lassen/ damit man sich über sie verwundern/ und sie für etwas göttliches halten möchte. Welches auch Ursach zu sagen gab/ daß Proteus/ der Egyptische