Kommentar

Alle Kommentare von Saskia Schäfer-Arnold anzeigen

Der Torso vom Belvedere wird erstmals von Cyriacus von Ancona erwähnt, der sich von 1432 bis 1434 in Rom aufhielt. Zu diesem Zeitpunkt war der Torso im Besitz des Kardinals Prospero Colonna und befand sich in dessen Palazzo bei SS. Apostoli auf dem Monte Cavallo. Um 1500 ist die antike Skulptur in der Sammlung Andrea Bregnos in seinem Haus auf dem Monte Cavallo dokumentiert. Nach dessen Tod 1503 ist der Aufbewahrungsort des Torsos unbekannt. Zwischen 1533 und 1536 gelangte der Torso wahrscheinlich unter Papst Paul III. in den Belvedere. Dort wurde er von Maarten van Heemskerck während seines Romaufenthaltes zwischen 1535 bis 1536 in liegender Position gezeichnet (s. hierzu Wünsche 1998, S. 289–292).

Die fragmentiert erhaltene Statue wird augfrund der Buchstabenform der Inschrift in das 1. Jh. v. Chr. datiert (z.B. Kat. München/Rom 1998, S. 85). Es ist der allgemeinen Forschungstendenz entsprechend anzunehmen, dass es sich bei dem Belvedere-Torso um eine römische Kopie eines hellenistischen Originals handelt. Die Datierung der originalen Skulptur ist in die 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. anzusiedeln. Allerdings muss offen bleiben, ob diese Statue aus Bronze oder Marmor gefertigt war (vgl. hierzu Kat. München/Rom 1998, S. 86; Andreae 2001, S. 46, 167)

Die Deutung des Torsos ist bis heute in der Forschung umstritten. Bis zu Winckelmann wurde die Statue aufgrund des Fells, auf dem der Torso sitzt, als Herakles identifiziert. Erst Ende des 19. Jahrhunderts erkannte Carl Hasse, dass es sich bei dem Fell um das eines Panthers handelt (vgl. Wünsche 1998, S. 300). Seitdem strecken sich die Deutungen von dem Kyklopen Polyphem über den Satyr Marsyas bis hin zu Philoktet (vgl. Helbig 1963–1972, Bd. I, S. 212). In neuerer Zeit wurde der Torso von Raimund Wünsche als Darstellung des troianischen Helden Aias interpretiert (Wünsche 1998, S. 306).

Trotz zahlreicher Zeichnungen des Torsos aus dem 16. Jahrhundert gelangte dieser erst seit der Bewunderung Michelangelos zu seinem Ruhm. Als »Schule des Michelangelo« bekannt, wurde der Torso vom Belvedere zur »Schule der Künstler«, wie Raimund Wünsche ihn nennt (vgl. Wünsche 1998, S. 295).
Er wurde seit dem 16. Jahrhundert zu dem Symbol der Bildhauerei und Zeichenkunst (Wünsche 1998, S. 295). Die Verbindung von Belvedere-Torso mit der Bildhauerei lässt sich ebenfalls in der »Teutschen Academie« beobachten. In dem Titelkupfer Allegorie der Künste und der Titelvignette zum Buch über die Skulptur nimmt Joachim von Sandrart durch die Darstellung des Torsos Bezug auf diese Symbolik (vgl. Kat. München/Rom 1998, S. 172–173).

Kommentar von Saskia Schäfer-Arnold11.11.2008

Dieser Kommentar bezieht sich auf: