TA 1679, II (Skulptur), S. 68
Sandrart (Fortsetzung von vorheriger Seite)Informat. zur Quellenmarkierung:Die Domitian-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Domitian, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Der Beginn des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 957
dieses wenige genug seyn/ daß er den Tod verschuldet. Seine Grausamkeit/ wuste er mit grosser Verstellung zu bemänteln: also daß kein gewissers Zeichen eines trübseeligen Untergangs ware/ als wann Domitianus einem seine Huld bezeigte/ und ließe er die/ so er nun gleich wolte hinrichten lassen/ mit vielen Gnadversprechen von sich gehen. So hätte man ihn dann wol eine Hyena und Sirene nennen können/ die auch Menschen und Vieh durch Süssigkeit an sich ziehen/ die sie zerreissen wollen.
Sein fruchtbares furchtbares Gastmahl. Das Widerspiel hiervon zeigte er einsmals dem ganzen Senat/ daß man ihn nämlich hingegen nicht zu fürchten hätte/ wann er am meisten zu schrecken gedachte. Er lude sie zu einem Nachtmal/ in ein schwarz-bekleidtes Haus: Da alle Gäste unbegleitet hinein gehen musten. Bey jeder Seule stunde ein Begräbnis mit einem Liechtlein. In dem Saal danzten etliche ganz geschwärzte Knaben/ gleich Gespänstern. Endlich kame Domitianus, und thät eine Rede vom Tode: Daher sie alle ihnen einbildeten/ sie würden sterben müssen. Er ließe sie aber/ nach dem er sie lang genug geveriret/ jedoch durch unbekante Leute/ wieder hinweg begleiten/ und schickte ihnen Geschencke nach/ auch jedem einen von den Knaben/ nachdem er ihnen den schwartzen Schmutz abwaschen lassen.
Sein Stoltz und Ubermüt. Der Stoltz und Ubermut/ als das gröste Laster/ baumte sich auch bey ihm am höchsten auf/ und legte sich starck zu Tage. Sobald er zur Regirung gelanget/ nahme er alle Titel der hohen Aemter an sich/ und ernennte sich selbst zum Burgermeister auf zehen Jahre. Wann etwas unter seinem Namen ausgefärtigt wurde/ muste man darunter schreiben: Dominus ac Deus noster sic fierijubet! diß ist unsers Herrn und Gottes Wille! Im Raht scheuete er sich nicht/ oftmals diese Torheit von sich zusagen: Er hätte von seinem Vatter und Bruder das Reich/ daß er ihnen zuvor gegeben/ wieder empfangen. So dorfte man ihm auch/ im Capitolio, keine andere/ als güldne und silberne/ Statuen aufstellen. Von dem Senat/ oder seinen Rähten/ liesse er ihm gar nicht einreden/ und pflage sie nicht zu fragen/ aber wol seinen Willen ihnen für ein Gesetze aufzutragen. Ja/ welches aller Tyrannen Gewonheit ist/ der Raht muste nicht allein seine Befehle bestättigen/ sondern auch unter ihrem Namen mit ausgehen lassen. Daher sagte von ihm Plinius, in dem Panegyrico Trajani: wir sahen die Rahtsitze gleichsam ohne Zungen/ da es gefährlich war/ dasjenige auszureden/ was man dachte/ und armselig/ nichts widerreden dörffen: dann einer allein brachte alles vor/ deme die andern beystimmen musten. Aber nun darf iederman frey reden/ vor dem was der Kaiser vorgetragen/ und gilt/ nicht die erste/ sondren die beste Stimme.
Sein Haß wider die Gelehrten. Andere Tyrannen/ waren etwan noch den Gelehrten und ihren Künsten hold und geneigt. Aber dieser ungelehrte Unmensch/ ward ein Feind zugleich der Künste und Kunstliebenden: die er
entweder hinrichten lassen/ oder aus Italien verwiesen. Er verfolgte auch den edlen Römer Cocejum Nervam, und den Philosophum Apollonium, der es mit jenem hielte. Diesen liesse er binden/ bescheren und vor Gericht führen/ ward aber von ihm nur verlachet/ und sagte der wider ihn/ mit einem Homerischen Verse: Mich solst du nicht umbringen/ dann die Götter werden dir solches nicht vergönnen! und mit diesen Worten ist er vor ihm verschwunden. Er war ja vorher ein Patron der Gelehrten/ sonderlich der Poeten: welche mit einem Lorbeerkranze zu krönen/ er den Gebrauch erstlich aufgebracht. Er ward aber durch die Mathematicos erbittert/ die ihme einen jämmerlichen Tod weissagten. Als er einen derselben befraget/ welches Tods dann er selber sterben würde? und derselbe ihm geantwortet/ er würde nun bald von Hunden zerrissen werden: ließe er ihm auf der Stelle das Leben nehmen/ und befahle ihn zu begraben/ damit er der Unwarheit überführt würde. Es begabe sich aber/ als man ihn zu Grab truge/ daß ein grosser Platzregen entstanden/ welcher verursacht/ daß die Träger den Sarg stehen lassen/ und unter Dach geeilet: da dann die Hunde herzu geloffen/ und den Leichnam zerreissend/ die Prophezey wahr gemacht. Und diese Geschicht/ hat diesen Pharao noch feindseeliger gemacht/ da sie ihn hätte zur Lebensbässerung vermahnen sollen.
Er verbietet den Weinbau. Als A. C. 84 viel Wein/ aber wenig Korn/ gewachsen/ bildete er ihm ein/ solches komme daher/ weil man sich mehr auf den Wein- als Ackerbau verlegte: darnach befahle er durch ein Edict/ daß man in Italien keine neue Ferer legen/ in den Provinzen aber alle Reben ausziehen/ und die Berge mit Getraid beseen solte. Er muste aber dieses Mandat wieder aufheben/ weil viel bedrohliche Pasquillen deswegen wider ihn hervorgekommen/ deren einer/ aus dem Griechischen/ also lautet:
zum Opfer/ wann man dir bald nimmt dein¶ wildes Leben.
Sein furchtsamkeit. Dieses sein boshaftes Leben/ machte ihn nun ganz unruhig und furchtsam/ also daß er durch jede kleine Dinge erschreckt wurde. Daher liesse er in den Gängen/ wo er zu spatziren pflegte/ glatte Seulen stellen: damit er/ unter dem Gehen/ in selbigem Spiegel sehen künte/ was hinter ihm geschähe. Also pfleget die Tyrannen ein rauschend Blat zu jagen/ und ist ein geringer Unterscheid/ zwischen ihnen und den Gefangenen: weil sie ja so sehr/ als diese/ müssen bewachet werden.
Seine Kriege. Vier Kriege hat er geführt/ wann sie anders Kriege zu nennen sind. Sein erster Zug gienge in Teutschland: da er zwar keinen Feind gesehen/ gleichwol zu Rom im Triumf eingezogen. Der andere und dritte/ gienge wider den dapfern Teutschen König Decebalum (oder Dietwalt) in Dacien/ wo jetzt Siebenbürgen und die Wallachey liget. An
Die Domitian-Biographie basiert in weiten Teilen auf Sueton, De vita Caesarum, Domitian, sie enthält jedoch auch Angaben aus Texten anderer antiker Autoren. Unter den zahlreichen kommentierten Neuausgaben in lateinischer Sprache, aber auch in Übersetzungen, die Suetons Kaiserbiographien im 17. Jahrhundert erfuhren, konnte die Ausgabe, die Sandrart bzw. seinen Mitarbeitern als Grundlage diente, bislang nicht eruiert werden. Daher muss die Frage offen bleiben, ob die Passagen, die sich nicht auf Sueton zurückführen lassen, den Annotationen einer neuzeitlichen Ausgabe folgen oder das Ergebnis des Quellenstudiums eines der Redakteure darstellen. Für die Redaktionsarbeit des 1679 erschienenen Teils der Academie wurden zuletzt Martin Limburger und Christoph Arnold in Betracht gezogen; s. Laufhütte 2011, S. 19.Das Ende des hier hervorgehobenen Textabschnittes befindet sich auf Seite 961