TA 1680, Iconologia Deorum, S. 164
Punio sic Persas vaniloquos Ne-¶ mesis.
zum Zeichen ihres Siegs sollt ich seyn aus-¶ gezieret/
den sie vom Griechenland zu haben vor¶ gewiß
sich hatten eingebildt. Nun bin ich Ne-¶ mesis.
Gleichwie ich aber izt zur Sieges-Seulen¶ diene
dem edlen Griechen-Volck auf ihrer Er-¶ den-Bühne/
So pfleg im Gegentheil ich ohne alle¶ Scheu
also zu straffen ab der Persen Prah-¶ lerey.
Diese Bildnus hatte eine Kron auf dem Haupt/ an welcher Hirschen und kleine Siegsbilder zu sehen waren: in der einen Hand hielte sie einen Ast von einem Eschbaum/ in der andern eine Büchsen oder Schale/ worauf einige Mohren abgebildet waren/ dessen Ursach Pausanias nicht errahten können. Eben dieser sagt ferner/ es habe weder das Bild der Nemesis/ noch einiges anders bey den Alten Nemesis ohne Flügel. Flügel gehabt: nachgehends aber sind sie bey denen zu Smyrna geflügelt gemachet/ und auch der Nemesi/ wie auch dem Cupido selbst Flügel angefügt worden; weil sie vermeinten/ es liesse die Krafft dieser Göttin sich allermeist bey den Verliebten spühren/ und pflegte diejenigen abzustraffen/ welche ihrer Gestalt wegen sich hoffärtig brüsteten/ und andere neben sich verachteten/ wie Ovidius in dem Gedicht vom Narcissus meldet/ so im III Buch seiner Verwandlung zu finden/ dahero auch Catullus sagt:
Est vehemens Dea; laedere hanc ca-¶ veto.
Die Göttin ist voll Ernst; darum sie nicht¶ verletze.
Die Justitz oder Gerechtigkeit. Dieweil aber diese Göttin die Menschen um ihrer hochmütigen Thaten willen zu bestraffen geglaubt ward/ haben Einige sie auch für die Justitz gehalten. Diese hat Chrysippus (wie Agellius im XIV Buche erzehlet) von jungfräulicher Gestalt und Lineamenten beschrieben/ sie mit einem ernstlichen und erschrecklichen Gesicht/ wie auch scharffen Augen begabet/ die weder demütig/ noch zornsüchtig/ sondern
von einem traurig-ehrerbietigen Ansehen seye. Dannenhero hat Plato gesagt/ die Justitz sehe alles/ und sey deßwegen von den alten Priestern eine Beobachterin und Aufseherin aller Dinge genennet worden. Apulejus schwöret an einem Orte gar beym Auge der Sonnen/ und der Justitz oder Gerechtigkeit/ gleichsam als ob diese nicht weniger Krafft und Vermögen zu sehen habe als die Sonne selbst: woraus wir zu mercken haben/ wie die Diener der Gerechtigkeit beschaffen seyn sollen/ als welche mit den Augen ihres scharffen Verstandes die Warheit von Grund-aus erforschen Wie die Richter sollen beschaffen seyn. und durchsehen müssen; ja eben dieselben sollen auch mit solcher Reinigkeit begabt seyn/ als die keuscheste Jungfrauen zu seyn pflegen/ also daß sie weder mit Geschencken/ oder Schmeicheleyen/ noch auf einige andere Weise jemals sich bestechen lassen/ sondern dem/ was gerecht und billig ist/ jederzeit mit Ernst nachtrachten sollen: wie dann auch vonnöthen ist/ daß sie gegen die Gottlosen sich schreckbar/ gegen die Unschuldigen aber gütig erweisen.
Die Mahler pflegen die Justitz auch mit einer Wag in der Hand/ ingleichen mit einem Büschel Stäben/ darinnen ein Beil gesteckt/ bald wiederum anders/ abzumahlen und vorzustellen. Einige bilden sie auf solche Weise aus: Es sitzet eine nackte Jungfer auf einem viereckigten Stein/ hält in der einen Hand eine gleich instehende Wag/ und verbirgt gleichsam mit der andern unter der Achsel ein entblöstes Schwert. Diodorus schreibet/ man habe an einem gewissen Orte in Egypten/ allda Statue der Justitz ohne Kopf. die Warheits-Pforten gewesen/ eine Justitz-Statue gesehen/ die keinen Kopf gehabt habe/ dessen Ursach er aber nicht zu geben weiß. Eben diese ward von den Egyptern gebildet durch eine aufgethane lincke Hand/ die ihre Fläche zu sehen zeigte/ weil die lincke Hand die selbste Faulheit/ und mit keiner Verschlagenheit begabt zu seyn scheinet; weßwegen sie auch zur Billigkeit tüchtiger als die Rechte geachtet wird.
Pausanias in Eliacis prioribus sagt/ sie sey also an des Cypselus Truhe abgebildet gewesen: das schöne Weibsbild/ sagt er/ so mit der lincken Hand eine andere scheußliche Weibsperson beym Halse würget/ und mit der Rechten/ vermittels eines Prügels/ sie wol abschmieret/ deutet an die Gerechtigkeit/ welche die Unbilligkeit gebührlich abstrafft/ dann gerechte Richter müssen die Ungerechtigkeit/ oder/ welches eben so viel ist/ die Unbilligkeit allzeit unterdrücken/ und Fleiß anwenden/ daß ein jeder Unrecht Leidender Vergnügung bekomme. Diese sollen auch zusehen/ daß sie hinter die Warheit kommen/ daher sie jedesmal beyde Partheyen anhören/ und niemals des Klägers blosen Worten glauben/ und den Beklagten verdammen sollen.
Dieser Meinung erzehlet Lucianus/ im