Kommentar
Zu der Radierung hat sich die Vorzeichnung in den Staatlichen Museen zu Berlin erhalten. Wie Mazzetti di Pietralata bemerkte ist in der Galleria Giustiniana ein Stich mit der Darstellung eines antiken Reliefs einer thronenden Kybele aus der Sammlung Giustiniani zu finden, der im Aufbau an Sandrarts Radierung erinnert; (s. Mazzetti di Pietralata 2011, S. 187, Kat.-Nr. 332). Diese Art der Präsentation von Kybele, die auf einem von Löwen flankierten Thron sitzt, ist in der antiken Kunst sowohl in Relief als auch in der Freiplastik eine beliebte Anordnung (vgl. LIMC, Bd. VIII, S. 744–766 [E. Simon]). Sandrarts belebte Interpretation in Dreiviertelansicht ist in Zusammenhang mit der zeitgenössischen barocken Kunst zu sehen (vgl. Mazzetti di Pietralata 2011, S. 187, Kat.-Nr. 332). Vor allem die beiden Löwen in Sandrarts Wiedergabe treten durch ihre Bewegung und ausdrucksstarke Mimik aus der Darstellung hervor. Während der hintere Löwe mit wilder Mähne sein Maul weiter aufgerissen hat und seinen Blick nach oben wendet, wirkt der vordere Löwe durch seinen nach unten gewendeten Blick ruhiger. Eine derartig gegensätzliche Wiedergabe von Löwenköpfen ist in der Teutschen Academie in der Vignette »Ex Ungue Leonem« weitere Male überliefert. Auch der Typus des stehenden Löwen ist in der Teutschen Academie in der Vignette eines schreitenden Löwen (TA 1679, S. 70) nochmals zu finden. Hierbei handelt es sich um einen der bekannten Medici-Löwen der Loggia dei Lanzi in Florenz.
Während die Darstellung der Kybele auf eine Komposition Sandrarts deutet, ist die dazugehörige Erklärung aus Cartari, Imagini degli dei entnommen. Im Gegensatz zu der Abbildung auf Tafel G wird hier Kybele sitzend auf einem von Löwen gezogenen Wagen beschrieben, s. TA 1680, Iconologia Deorum, Erklärung der Kupfer [VI]. Diese Art der Darstellung entspricht der von Cartari hinzugefügten Abbildung, die von Sandrart nicht übernommen wurde; vgl. Cartari, Immagini degli dei 1647 (Nachdruck der Ed. Pignoria, Koschatzky 1963), S. 111.
Kommentar von Saskia Schäfer-Arnold — 05.07.2011