Kommentar
Laut Sandrarts Schilderung in seinem »Lebenslauf« war das Gemälde Guido Reni Teil eines zwölf Gemälde umfassenden Auftrages des spanischen Königs Felipe. Diese Auftraggeberschaft wurde erstmals von Jane Costello kritisch hinterfragt (vgl. Costello 1950). In der viel diskutierte Textstelle weist Sandrart außerdem daraufhin, dass die in Auftrag gegebenen Werke »am Feiertag unserer lieben Frau« in Rom präsentiert wurden. Während Costello die Ausstellung grundsätzlich für möglich hält, herrschen Zweifel darüber, ob diese im Jahr 1631 oder am 1. Juni des Folgejahres statt fand (vgl. Pepper 1998) oder erst 1635 (vgl. Colantuono 1997, S. 43). Ebenso ist fraglich, ob die Ausstellung überhaupt je statt fand (vgl. Ebert-Schifferer 1994, S. 101) oder nicht vielmehr als eine literarische Fiktion zu verstehen ist, die Sandrarts künstlerisches Vermögen betonen sollte (vgl. Meier 2004, S. 218).
Die Entstehungsgeschichte Renis Gemälde ist quellenkundlich gut belegt (vgl. Dirani 1982/Pepper 1998). Aus einem Brief Kardinal Bernardino Spadas geht hervor, dass Reni den »Raub der Helena« am 2. Juli 1632 in Bologna fertiggestellt hatte. Die Verhandlungen Spadas – er fungierte als Vermittler zwischen den spanischen Agenten und Reni – kamen jedoch nicht zum Abschluß, so dass Spada das Gemälde Maria de‘ Medici zum Kauf anbot. Bezahlt wurden sie vom Lyoner Bankier Barthélemy Lumague. Aufgrund der Verbannung der Königin gelangten die Gemälde allerdings zunächst nicht nach Frankreich. Erst nach 1641 erwarb Louis Phélipeaux de la Vrillière das Gemälde für seine Galerie (vgl. Meier 2004, S. 218).
Die Bildbeschreibung Sandrarts weist einige Unstimmigkeiten auf: Weder findet der Raub der Helena und »höflichem Unterhalt und Gespräche« statt, noch führen die Knechte einen »gefässelten Mohren« (vgl. auch Meier 2004, S. 235, Anm. 120).
Kommentar von Julia Kleinbeck — 08.06.2009
Dieser Kommentar bezieht sich auf:
- Kunstwerk: Die Entführung der Helena