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TA 1680, Iconologia Deorum, S. 120

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die Sternen häuffig zu sehen/ welche gleichsam eine Art himmlischer Augen vorstellen. Er selbst abber aber scheinet die Erde von oben herab zu beobachten; welche/ wann sie von den Egyptern mit Hieroglyphischen Buchstaben hat sollen ausgedrucket werden/ in der Gestalt eines Menschen gebildet worden. Diesen mit Stern-Liechtern gezierten Himmel hält man alsdann für ertödtet vom Mercurius/ wann die Sonne/ durch Beobachtung der Tagszeit/ die Gestirne gleichsam ertödtet und umbringet. Die meiste Bildnussen deß Mercurius/ sagt obangezogner Macrobius/ sind auch in viereckichter Gestalt gebildet/ allein am Haupte und männlichem Gliede ausgearbeitet und bezeichnet/ umb dardurch die Sonne/ als das Haupt der Welt und aller Dinge Wirck-ursach anzudeuten: ingleichen werden auch darumb vier Seiten oder Ecke an solchen Säulen gebildet/ umb dardurch die vier Theile der Welt/ oder vier Jahr-Zeiten zu verstehen zu geben; oder weil durch die zwey Tag- und Nacht-Gleichen/ und zwey Sonnen-Wende der Zodiac oder Thier-Kreiß unterschieden ist.

Wie der Friedensstab auf deß Menschen Fortpflanzung zu deuten. Das Zeichen deß Friedenstabs erstrecken die Egypter/ nach deß offt angezognen Macrobius Meinung/ auch auf die Erzeug- und Fortpflanzung der Menschen/ anbey erinnerende/ daß bey einem neugebornen Menschen alsobald ihrer vier zu gegen seyen/ nämlich der Geist/ (Daemon) das Glück/ die Liebe/ und die Nohtwendigkeit: durch die ersten zwey wollen sie die Sonn und den Mond verstanden haben; weil die Sonn der Anfänger deß Geistes/ der Wärm und Liecht/ deß menschlichen Lebens Vatter und Hüter ist/ und daher deß neugebornen Menschen Daemon oder Gott geglaubet wird. Der Mond bedeutet das Glück/ welches eine Vorsteherin deß Leibes ist/ der durch die Veränderung der Zufälle hin und her geworffen wird. Die Liebe wird durch den Kuß der beyden umb den Friedens-Stab geschlungenen Schlangen bemercket; Die Nohtwendigkeit wird durch den Knoten/ wormit sie einander verbunden sind/ zu verstehen gegeben.

Martianus Capella schreibet/ im II. Buch seiner Philologiae, daß/ als Sie in den andern Himmel eingetretten/ sey ihr eine Jungfrau entgegen kommen/ die eine ausgegrabne Tafel von Ebenholtz getragen/ worinnen der Mercurius abgebildet gewesen. Es war aber in der Mitte ein Egyptischer Vogel/ von den Innwohnern Ibis genannt/ zu sehen: Die Scheitel mit dem drauf stehendem Hute/ wie auch der Mund/ schienen überaus schön zu seyn/ diesen beleckten zwey in einander gewundne Schlangen/ unten lag eine hellgläntzende Ruthe/ dero Obertheil vergüldet/ das Mittel grau/ das Ende Pech-schwartz war: Unter der Rechten war eine Schildkröte und drohender Scorpion/ zur Linken ein Rehe gebildet.

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Dieses alles ist aus der Egypter Geheimnussen Anubis. genommen/ bey welchen der Mercurius unter dem Namen Anubis verehret wurde; dann sie ihn mit dem Friedens-Stabe abbildeten/ wie ihn Apulejus beschreibet/ der von ihm also redet: Es war allda der Gott Anubis/ den sie den Mercurius nennten/ bald mit einem kohlschwartzen/ bald güldenen Angesicht zu sehen; seinen Hundskopff trug Er aufgericht in die Höhe/ hielte in der lincken Hand den Friedens-Stab/ mit der Rechten aber schwung er einen grünen Palmzweig. Mit einem Hundskopf wurde er gebildet/ daß wir hieraus seine in uns sich ergiessende Scharff-Sinnigkeit erkennen möchten; sintemahl der Hund in listiger Nachforschung alle andere Thiere weit übertrifft. Oder nach deß Diodorus Siculus Meinung/ weil der Anubis deß Osiris Sohn gewesen/ und/ indem er dem Vatter im Kriege allzeit nachgefolget/ seiner Tapfferkeit grosse Anzeigungen von sich gegeben/ deßwegen Er nach dem Tode unter die Götter gezehlet worden: und weil Er in seinem Leben einen Hund im Wapen geführet/ als haben ihn die Egypter mit einem Hunds-Angesicht begabet/ und also zu verehren angefangen/ dardurch anzudeuten/ daß Er seines Vatters getreuer Hüter iederzeit gewesen seye.

Hercules. Hercules wurde gleichfalls für eben eine Göttliche Macht mit dem Mercurius gehalten/ oder doch für einen solchen Gott/ der diesem nicht viel unähnlich/ welches dessen von den Galliern erdachte Bildnus beglaubet/ indem selbige ihn als einen Gott deß Verstandes und der Beredtsamkeit verehrten. Die Bildnus aber war/ wie Lucianus erzehlt/ diese: Es war ein fast alter Mann/ mit einer grossen Glatzen/ von wenig Haaren/ an Farbe schwartz- oder dunckel-braun und voller Runtzeln/ mit einer Löwen-Haut bekleidet/ der in der Rechten eine Keule/ in der Lincken einen Bogen führte/ auf dem Rücken hieng ein Köcher/ so mit gar subtilen/ aus purem Gold und Silber gemachten Kettlein am Ende seiner durchbohrten Zungen befestet/ eine grosse Menge Volcks ohne Zwang und freywillig folgend/ bey den Vermögen und Kräffte der Beredtsamkeit. Ohren nach sich zoge. Woraus leichtlich zu sehen/ daß dardurch der Beredtsamkeit Kräffte und Vermögen abgebildet worden/ welche die Gallier dem Hercules zueigneten/ als wordurch er mehr/ weder durch die Leibs-Stärcke/ zu verrichten geglaubet wurde. Dannenhero sie ihn als einen alten Mann gebildet; weil die Beredtsamkeit mehr bey den Alten als bey den Jungen zu finden/ wie solches Homerus klärlich an dem Nestor gewiesen/ als aus dessen Munde die Honig-süssesten Reden geflossen; wie man dann von ihm lieset/ daß er in Arcadia einen Tempel mit dem Mercurius/ oder dem Gott der Beredtsamkeit/ gemein gehabt haben solle. So pflegten auch die Athenienser in der Academia/ nicht allein den Musen/ der Minerva/ und dem Mercurius/ sondern auch