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TA 1680, Iconologia Deorum, S. 2

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Daher dann der Mensch/ auch noch vor dem Gebrauch der Vernunfft/ GOtt einiger massen erkennet/ und ihme zu dienen trachtet/ welches ihn von den wilden Thieren unterscheidet; dann obwol Etliche in denselben einig Vernunffts-Füncklein zu seyn vermeinet haben/ glaube ich doch nicht/ daß einer iemals gefunden worden/ der behaupten wollen/ daß sie einiger Weise der Religion theilhafftig wären. Derohalben billig solche dem Menschen allein gantz eigen bleibet/ als durch dero Leitung die Menschen ihre Augen gen Himmel erhoben/und/ dieses herrlichen Weltgebäues wunderbare structur betrachtende/ geschlossen haben/ es müsse eine Allgewaltige Macht seyn/ die/ durch ihre unendliche Liebe/ Gewalt und Vorsorge/ alles kräfftig regiere/ weißlich verwalte/ und beständiglich erhalte; diese nun haben sie Gott genannt/ der alles guten Ursprung und Anfang/ auch ewig und unermäßlich ist/ und den kein Mensch sehen kan.

Jedoch pflegen nicht alle dieser aus der Natur geschöpfften Warheit/ auf gleiche Weise nachzufolgen: Dann nachdem die Menschen angefangen ihrer Boßheit nachzuhangen/ und/ um derselben willen/ an ihnen selbsten einen Wolgefallen zu haben/ sind sie Woher der Götter Menge entstanden. mit ihren Gedancken weiter nicht gegangen/ als sie mit den Augen sehen können: dahero dann geschehen/ daß sie geglaubt/ daß die Sterne/ Sonn und Mond/ ja auch der Himmel selbst/ Götter seyen: wie dann solche/ nach Platonis Zeugnus/ anfänglich sowol von den Griechen/ als auch/ lang zuvor/ von den meisten Barbaren/ für Götter gehalten worden: und eben dieser will/ daß man sie/ von der stetswährenden Bewegung/ so in jnen inen beobachtet wurde/ in Griechischer Sprache [Θε[…]ς], das ist/ Götter/ von [Θεεῖν], welches Lauffen bedeutet/ genennt habe. Welcher Irrthum denn nach und nach dermassen gewachsen/ daß viel aus den sterblichen Menschen/ durch deß gemeinen Mannes thörichte Einbildung/ unter die Götter gerechnet/ und/ worüber sich noch mehr zu verwundern/ bey etlichen auch einige Gestirne an statt der Götter verehret worden/ denen allen sie mancherley Bilder zuzueignen pflegten. Solches nun geschahe nicht allein den Tugenden/ sondern auch so gar den Lastern selbst/ als denen allen der Götter-Nahme gegeben worden: und zwar jenen/ daß sie gegenwärtig nutzeten; diesen aber/ damit sie abwesend nicht schaden möchten. Woraus dann erfolgt/ daß man bey den Alten eine fast unzehliche Menge Götter verehrt und angebetet: dann nicht allein eine iedwede Nation ihre eigene und sonderbare Götter annahm; sondern auch eine iedwede Stadt/ Ort/ Haus/ und endlich ein ieder Mensch/ nach eignem Belieben/ ihm einen Gott erwehlete/ so gar/ daß fast nicht eine einige menschliche Wirckung oder Verrichtung war/

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von dero nicht ein Gott seinen Nahmen hatte.

Diese grosse Anzahl der Götter aber wurde bey den Alten nicht allein von dem gemeinen Pöbel verehrt/ sondern auch von denen/ die man für anderen für weis und verständig achtete: dann diese/ ob sie wol ein oberstes und höchstes Gut bekannten/ welches sie den Ursprung oder Anfang aller Dinge nennten/ satzten sie iedoch auch demselben eine unzehlbare Anzahl der andern bey/ und scheueten sich nicht/ ihnen Göttliche Ehre anzuthun: und unter diesen hiessen sie einige Götter/ etliche Dämones/ (so den Göttern dienende und vielwissende Geister waren) etliche auch Heroes/ oder Halbgötter/ und eigneten einem ieden besondere Verrichtungen und unterschiedene Oerter zu/ wie dann auch iedwedem auf andere Art und Weise geopfert werden muste. Herodotus/ der vortreffliche Griechische Geschichtschreiber/ bezeuget in seinen hinterlassenen Die vornehmsten zwölff Götter. Schrifften/ daß man anfänglich bey den Egyptiern nur zwölff Götter gehabt/ welchen die Pythagorici scheinen nachgefolgt zu seyn: dann man ins gemein davor hält/ daß die Griechen sowol die Art und Weise des Gottes-Diensts/ als auch andere Wissenschafften von den Egyptiern entlehnt haben/ als bey welchen die zwölff berühmten Mercurii- Seulen zu sehen gewesen/ mit einer verborgenen und geheimen Lehre/ vornehmlich voller himmlischen Dinge/ worinnen mancherley Arten Thiere/ Pflantzen und andere dergleichen Figuren/ deren sich die Egyptier an statt der Buchstaben und Worte gebrauchten/ gegraben/ zu lesen waren. Diese von ihnen genannte Sinnbild-Lehren pflegten die Priester/ so bey ihnen die gelehrtsten Leute seyn musten/ zu erklären und auszulegen: und solches zwar nicht einem ieden ohne Unterschied/ sondern nur denen/ die sie darzu würdig achteten/ dergleichen unter andern waren Pythagoras/ Plato/ Democritus/ Eudoxus/ welche bloß dieser Ursach halben nach Egypten gereist.

Nun aber zur Sachen Selbst wieder zu kehren/ so ist bekannt/ daß die Pythagorici behauptet/ daß/ gleich wie an der ersten Himmels-Kugelzwölf Thierzeichen geordnet sind/ welche die zwölff Zeichen des Zodiaci, oder Thier-Kreisses genennet werden: also wären auch jedem eben so viel Seelen eingepflantzet/ die ihme Leben/ Bewegung und Wirckungs-Kräffte mitzutheilen genugsam/ welche auch die vornehmsten Götter sind; als nemlich der Jupiter/ die Juno/ der Neptunus/ die Vesta/ der Phoebus/ die Venus der Mars/ die Pallas/ der Mercurius/ die Diana/ der Vulcanus/ und die Ceres; und von diesen würden auch/ sagten sie/ die unteren oder irrdischen Dinge verwaltet. Eben diese Götter sind/ bey den Römern/ in sechs männliche/ und in eben so viel weibliche getheilt worden/ welche sie auch