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TA 1679, Metamorphosis, S. 61

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Gesichts beraubte/ daß er endlich/ von Armut und Hunger/ den Geist aufgeben/ muste. Als dieses Flügel-Roß/ auf dem Berge Helicon/ stund/ stamffte es/ über dem Dienst/ welchen es dem Perseus gethan/ mit seinen Füssen/ wider einen Steinfelsen/ und verursachte also dardurch/ daß ein schöner klarer Spring-Brunn allda entstunde/ welcher den Musen geheiliget wurde: Dessen Wasser einen sehr lieblichen Thon/ oder Laut von sich gab: Weswegen er dann auch der Spring- und Strudel-Brunn genennet wurde. Dieser Brunn ward belegt/ mit dem Namen Hippocrene/ (Roß-oder Hengst-Brunn) worfür die Lateiner Caballinus sagen. Der Griechische Poet Lycophron schreibt/ das Pferd Pegasus pflege die Aurora/ oder Morgenröhte zu tragen/ und hinauf in die höhe zuführen/ wann er also poetisirt:

Aurora hatte schon den Phag-Berg über- stiegen.
Durch Jülff des Pegasus/ und sein wind- schnelles Fliegen/
ließ Titon/ auf dem Bett’/ im tieffen Cernegrund/
allda vom Schlaaf’ er noch kein Aug’ aufschliessen kunt.
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Auf dieses fliegende Pferd finde/ noch weiß/ ich keine Durch das Pferd Pegasus wird ein Schiff verstanden. sonderbare Lehre oder Auslegung/ ausser eine natürliche/ dero Nutz nicht groß seyn wird. Dieses aber lieset man/ daß/ durch dieses fliegende Pferd/ verstanden werde ein Schiff/ so wol über See segelt/ und leicht durchs Wasser streichet/ als eine so genante Jagt/ oder Renn-Schifflein und dergleichen/ woran die Seile und Ruder die Flügel sind. Sonsten wird auch gesagt/ daß Bellerophon der erste gewest/ welcher das Schiff im Wasser regieren und zurüsten lehren; dahero sein Schiff/ das geflügelte Pferd/ genennet worden. Und gleichwie die Poeten zum öfftern die Schiffe/ welche gewisse Thiere zu Zeichen führen/ zu Thieren machen/ und also das Zeichen/ für das Schiff/ beschreiben/ also soll es allhier gleichfalls zu gangen seyn. Wie dann das Andere ziehen das Wort Pegasus her ἀπό τῆς πηγῆς oder/ von dem Qvellbrunnen.Griechische Wort Pegnisthai, worvon Pegasus herkommt/ so viel bedeutet/ als in einander schliessen/ oder zusammen häfften: Gestalt dann die Schiffe aufs dichtste geschlossen/ und in einander gefügt werden müssen.

Ende des vierdten Buchs.

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Ausleg- und Sinn-gebender
Erklärung/
über die
Wandlungs-Bücher/
Des
Publius Ovidius Naso.
Fünfftes Buch.
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ICh habe/ im andern Buch/ damit ich das Leben des Perseus vollgends beschliesse/ allbereit erzählet/ daß er die Andromeda erlöst/ selbige zur Gemahlin genommen/ und den Polydectes in einen Stein verwandelt. Allein unser Poet erzehlet/ im Anfang seines fünfften Buchs/ allererst von seiner Hochzeit/ darauf die angefangene Fröligkeit bald zerstört/ und in ein grausames Gefecht verändert worden/ durch Phineus/ des Königs Bruder/ welcher der Bräutigam war seiner Befreundin/ der Andromeda/ welche ihm zum Weibe verlobt gewest/ dem Perseus aber zum Lohn für ihre Erlösung gegeben war. Und ob ihn wol der König Cepheus aufs glimpflichste zuredete/ und ihm seine unbillige Anforderung/ oder Begehren zuerkennen gab/ sprechend/ sie wäre nit ihme/ sondern dem Tode genommen/ und gleichsam aus dem Rachen gerissen worden/ er aber sie/ zu rechter Zeit/ zu erlösen sich nicht

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wagen wollen/ noch dörffen: So ließ er doch/ von seiner Raserey/ nicht ab/ also daß er endlich/ mit einer grossen Menge seines Volcks/ eindrange/ aber vom Perseus/ mit Vorzeigung des Haups Haupts der Lehrliche Auslegung über die Hochzeit des Perseus und welche im Steine verwandelt werden. Medusa/ in einen Stein verwandelt ward. Welches vors erste anzeiget/ daß alle Freude dieser Welt gantz unbeständig/ und nicht daurhafft sey/ auch der Mensch/ wann er ietzo gleich meint von allem Streit und Widerwärtigkeit erlöst zu seyn/ dannoch sich öffters noch mitten innen vrewickelt verwickelt befinde/ also daß des Menschen gantzes Leben gar wol einem immermährendem Kriege zu vergleichen. Der Sieg und Uberwindung des Perseus/ bemercken die Krafft der Gerecht- und Billigkeit/ die/ durch den Himmel oder Göttliche Weißheit/ vertheidigt und beschirmet wird. Worwider die Bösen nichts vermögen; sondern/ wann sie in ihrer Boßheit verharren/ in Steine vermandelt/ gantz unnütz/ und zu allen Dingen untüchtig werden; auf daß sie zu einem bessern und tugendsamern Leben sich wenden