View options
Show / emphasize in the text:

TA 1679, Metamorphosis, S. 53

Left column

Göttern dermassen misfällig und zuwider war/ daß sie deswegen Rache an ihm übten/ und ihn seiner Sinne beraubten. Gestaltsam er/ in solcher Unsinnigkeit/ eine lange Zeit im Lande herumb lieff/ und weder Gott noch Menschen fand/ die sich seiner angenommen hätten/ oder seine grosse Missethat ihm vergeben wolten: dieweil er der erste gewest/ der seinem Schwähervatter umgebracht hatte. Endlich erbarmte sich Jupiter seines Elends/ nahm ihn/ nachdem er groß Leidwesen spüren lassen/ wiederum zu Gnaden an/ und zu sich in den Himmel/ empfinge ihn sehr wol/ vertraute ihme das Amt eines geheimen Rahts/ und ließ ihn an seiner eigenen Taffel essen und trincken. Dieser Ixion nun wurde/ an statt er danckbar seyn solte/ auß Ubernehmung dieser grossen Ehre/ so aufgeblasen/ daß er sich unterstunde mit seines Herrn Gemahlin/ der Juno/ Worte zu wechseln/ sich an sie zu machen/ und endlich mit ihr/ nach dem er vom Nectar und Ambrosia satt und truncken war/ gar der Ungebühr zu treiben. Als die Juno dieses ihrem Gemahl eröffnete/ wolte er solchem anfänglich nicht glauben geben/ in Meinung es geschehe dieses aus Haß wider ihn/ weil er/ sein Bastart-Sohn war. Auch erinnerte er sich des Vorbildes von Bellerophon und dem Hyppolitus/ dannenhero er nicht so leicht glauben wolte/ er hätte es dann selber mit Augen gesehen. Also nahm er eine Wolcke/ bildete sie in Gestalt seiner Gemahlin der Juno/ und stellete sie in des Ixions Kammer. Welcher dann/ so bald er hinein kam/ sich einbildete/ es wäre die Juno/ und anfieng seine unziemliche Lust Herkunfft der Centauren. an ihr zu vollbringen/ worvon hernach die Centauren/ Nubigenes oder Wolckenkinder genannt/ herkommen sind. Dieser Geselle nun konte seine Boßheit nicht verhelen/ sondern rühmte sich noch darzu/ daß er die Königin der Götter beschlaffen hätte: um welches Plauderens willen er auß dem Himmel in die Hölle geworffen wurde: Weil dieser Bößwicht aber/ gleich denen andern/ so Ambrosia gegessen hatten/ unsterblich war/ band man ihn/ mit Händen und Füssen an ein eisernes Rad/ woran rund umher eine grosse Menge abscheuliche Schlangen hiengen/ die sich grausamlich umwunden/ und daran ward er/ ohne aufhören mit herum gedrähet/ und also bald auf- bald nieder-geschlagen. Alhier hanget er nun und ruffet unablässig/ daß die Menschen sein Vorbild ansehen/ daran gedencken und lernen sollen kein Böses für Gutes zu vergelden/ sondern Wolthat mit Wolthat zu erwiedern.

Die Geschicht/ worauf diese Fabel gegründet. Dieses Gedicht ist gegründet auf die Geschicht/ daß Ixion seinen Schwehervatter greulich umgebracht/ und hernach deswegen/ für grossem Leidwesen/ kranck worden: und weil solches in diesem Lande der erste Mord unter Blutsverwandten war: wolte niemand mit ihm in Gesell- und Freundschafft leben/ deswegen muste er/ weil es annoch im frischen Gedächtnüs war/ aus dem Lande fliehen/ und seine Zuflucht zu einem Könige nehmen. Zur selbigen Zeit aber/ hiessen alle Könige Jupiter. Bey diesem nun wurde dem Ixion/ seine Missethat vergeben/ und er allda zu einem Königlichen Rahte gemacht. Alhier buhlte er nun die Königin/ die solches ihrem Gemahl offenbarte: und weiln er solches selbsten wircklich erfahren wolte/

Right column

ließ er eine Sclavin/ Namens Nephele/ welches eine Wolcke bedeutet/ in der Königin Kleider verkleiden/ und die Königin den Ixion/ die folgende Nacht/ an einen gewissen Ort bestellen/ dahin er sich dann zu bestimmter Zeit auch einfand/ und mit der Sclavin zuthun hatte: Und hiervon soll entsprossen seyn Imbrus/ der erste unter den Centauren. Hierauf ward er von des Königs Hofe gestossen/ und muste in grosser Armut leben; darbey er doch von der Begierde nach Ehre und Hoheit unablässig und elendiglich geqvälet worden. Also trifft dieses Gedicht die Ehrgeitzige Menschen/ welche die Wolcke des falschen Weißheit-scheins an statt der Warheit/ umhälsen und annehmen: Wie ingleichen auch alle/ die durch Ubelthaten/ und betrügliche List sich zu hohen Stande und Ehren practiziren; und darinnen nicht lange bleiben. Endlich ist diese Fabel vorgestellt zur Lehre/ dardurch zu beweisen/ daß unter allen Mißhandlungen Undanckbarkeit und Vergessung der Wolthaten/ die schändlichste/ und den Menschen hierüber iederzeit mancherley Straffen zugewachsen seyn.

Von denen Belides oder
Danaides.

DIe Belides oder Danaides waren Töchter des Königs Danaus/ welcher Danaus ein Sohn des Belus oder Bels/ und dieser wiederum ein Sohn des Epaphus/ (oder/ wie etliche wollen/ Neptunus)und der Lybia war/ und die Isis/ Apis des Königs von Argos Wittibe/ heyrahtete/ so eben zu der Zeit geschahe/ als Cecrops zu Athen herrschete. Dann dieser kam aus Egypten/ vertrieb den Sthenel/ König von Argos/ aus seinem Reiche und machte sich selbsten/ zum Herrn drinnen: Er hatte von unterschiedlichen Weibern funffzig Töchter/ die nach ihrem Großvatter Belilides hiessen/ und nach ihres Vatters Namen Danaides. Man sagt/ daß Danaus in Griechenland gezogen/ wegen eines Streits/ den er mit Egypten/ seinem Bruder gehabt: Weil Fürsten ihre Geschlechts-Verwandten/ so ihnen nach der Crone streben/ nicht gerne um sich sehen mögen. Anderseits hatte Egyptus funffzig Söhne/ und suchte sich mit seinem Bruder zuversöhnen und die Freundschafft zu erneuern: Dannenhero er seine Söhne mit desselben Töchtern zu verheyrahten gedachte. Wie er dann auch wircklich that/ und von seinem Bruder angenommen/ bey den Hochzeiten/ aufs prächtigste gehalten worden. Nichts destoweniger gab er/ (weil er entweder seinem Bruder nichts traute/ oder der angethanen Unbilligkeit annoch gedachte/ oder weil er vom Orakel gewarnet worden/ daß er von der Hand einer seiner Eidamen sterben würde/ iedweder seiner Töchter einen Dolchen und musten sie ihme versprechen/ daß iede ihren Mann im Schlaffe/ Truncken- und Unkeuschheit/ ermorden wolle: Welches sie auch alle thaten ausgenommen Hypermnestra/ seine älteste Tochter/ die den Linceus/ oder Linus/ ihren Mann/ beym Leben erhielte. Diese Mörderinnen