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TA 1679, III (Malerei), S. 13

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Der Hand.ManderInformat. on source text markers:
Sandrart wiederholt hier zusammenfassend die Ausführungen zur Proportion, die er bereits im Ersten Teil dargelegt hat (vgl. TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 67 f.; s. Sponsel 1896, S. 35); er folgt dabei weitestgehend den Aussagen van Manders (vgl. Mander, Schilderboek, Analogie Proportie, oft maet der Lidtmaten eens Menschen Beeldts. Het derde Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 10v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630zCddoC].).Christina Posselt, 12/16/2011
Angesichts/ und ein Zehntheil menschlicher Länge. Also lang ist auch die Hand/ von wo sie an dem Arm zu biegen anfängt/ bis zu Ende des längsten Fingers. Ein Cubitus reicht von dem Elnbogen/ bis zu dem äussersten des mittel-Fingers: und hat einen vierdten Theil des menschlichen Leibes. Von und Kopf. dem Haupt-Wirbel aber ab/ bis unter das Kinn/ haben wir den achten Theil des Menschen; wiederum/ von ietzt gedachten Haupt-Wirbel/ bis wo des Leibes Brust am höchsten erhoben/ den vierten Theil; Stirn/ Nasen/ und Kinn Von des Haars Anfange/ bis zwischen den Augen/ dann ferner bis zu Ende der Nasen/ und folgends bis unter das Kinn/ iedesmahl ein Drittheil des Angesichts/ oder dreyer Nasen Länge.

Des Fusses. Auch ist/ von des Fusses hinterster Fersen an/ bis zu End der zweyten Zehe/ ein Sechstheil von Brust einem Menschen/ sechsfüssiger Länge. Von der Brust zu Anfang des Bauchs/ oberhalb des Nabels/ bis unter das Kinn/ ein Vierdtertheil des Menschen. Wann ein Mann ausgestreckt auf der Erden ligt/ und man ihme die Zirckelspitz auf den Nabel setzet/ volgends mit der andern Spitze herum Der Nabel ist der mittel Puncten. fähret; so kommt iedesmal/ am End der Zehe und Finger/ ein Vierdtertheil: und giebt also der Nabel den mittel Punct des Leibs.

Die antiche bestetigen also des Menschen Maß. Auf diese Maß hab ich die meiste Antiche Statuen auch die beste Moderne, oder heuttägige befunden. Womit Vitruvius übereinstimmet/ nemlich daß so weit der Mensch mit in der qvart ausgestreckten beyden Armen Klafftern oder reichen kan/ also lang auch seine Gestalt seyn werde. Der niemals-gnug-gepriesene Albrecht Dürrer/ welcher alle vor ihme gewesne Teutsche in allen Stücken überstiegen/ theilte des Menschen Leib (in seinem grossen Werck) noch kleiner/ und gar mit Daumen und Minuten also viel aus/ daß ich glaube/ er habe solche Theilung mehr den Bildhauern/ Zu viel klein meßen schädlich ein gerechtes Augen-Maß ist der beste Zirckel. Wie nach des Haupts-Länge der Leib abzumessen sey. als den Mahlern/ vermeinet. Ich hab es offt/ von den Klügsten/ gehört auch selbst erfahren/ daß allzuviel messen schädlich/ und ein gerechtes Augenmaß der allernöthigste Zirckel sey. Sonst ist der kürtzste beste Weg/ daß von des Menschen Haupt an/ bis auf seine Fußsohlen/ die Länge acht Häupter/ und iedes Haupt vier Nasen lang sey. Wann man also den Menschen mit acht Häuptern will messen; soll man das Bild an eine hangende Bley-Linie stellen. Alsdann misset man vom Kopff bis an das Kinn/ eine Kopfs-länge; von dar/ auf die Brustwarts/ die andere/ ferner von dar/ bis auf den Nabel/ die dritte/ von dem Nabel/ bis auf das Männliche Glied/ die vierdte/ von dannen/ bis zum halben Schenckel/ die fünffte; von dar bis zum Knie/ die sechste; vom Knie bis zum halben Schienbein/ die siebende; und endlich/ von dar/ bis zur Fußsohlen/ Proportion der weiblichen Leiber. die letzte.

Der Frauen Leiber sind etwas kürtzer/voll-leibiger/ runder von Fleisch/ schmalrer Achseln und breiterer Hüfften mit Falten/ wie auch die Kinder/ auf

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Und der Kinderen. den Händen/ Knien/ und Elnbogen/ ihre Grüblein haben. Diese/ die Kinder/ sind fünf Kinds-Häupter lang: davon der obere Theil mit der Schaamheit/ drey/ der Untere aber/ nemlich Knie und Beine/ zwey ausmachen. Wiewol die Länge ungleich fällt/ Wenn sie drey Jahr alt sind/ sollen sie ihre halbe Läng haben. Denn sonsten findet man auch Bilder/ die viel länger/ auch kürtzer von Gestalt und ungleicher Glieder sind: die bey der Kunst/ als monstra, verworffen werden. Hingegen giebt offtmals ein Glied/ absonderlich in dem zureichen oder hergeben/ die ordentliche Maas zu verlängern oder zu überschreiten/ Ursach: also/ daß man soll und Merckliche Ursach warum die proportiones zu veränderen seyn. muß/ zu desto besserer Vorstellung der Historien/ die fürnehmsten Bilder zu weilen vergrössern: zumal weil auch im austrucknen/ ausdehnen/ strecken/ biegen/ umkehren/ einziehen/ verkürtzen und einbücken in der proportion viel Aenderung sich veranlasst: daher man zu besserer Ausdrückung der Affecten bald mehren/ bald mindern muß. Dieses um so vielmehr zu erklären/ habe ich/ in beygefügtem Abdruck Dessen Exempel in den Arm/Füssen/ auch des Leibs.Numero O vorgestellt/ das Geraum/ oder Gebein eines Menschen-Aems/ und die Ursachen/ warum derselbige gebogen/ einen Achtentheil länger wird/ als wann er gerad ausgestrecket ist/ weil nemlich alsdann des Ellnbogen Knopff sich heraus begibt/ gleich wie auch das Biegen des Fusses/ dergleichen Vergrösserung verursacht.

So giebt auch beygefügter nackter Mann/ welcher eylfertig/ und mit Gewalt/ einen Strumpf an seinen nassen Fuß zu ziehen/ ihm eyfrigst angelegen seyn lässet/ zu sehen/daß/ durch diesen starcken Affect/ sein Leib/ um einen Sechstentheil/ verkürtzt werde. Solches haben alle Antiche in den statuen Gemählen/ wol beobachtet/ auch dergleichen Anmerckungen/ oder Maß-Verändrungen gemehret oder gemindert/ nachdem es die Gelegenheit/ so wol der Affecten/ als auch des Orts/ wo solche Wercke solten gestaltet werden/ erforderte; damit alsdann des Anschauers Augen vergnügt blieben/ sonderlich sollen alle vortreffliche Hände sich befleissen/ nichts wildes/ unbesonnenes/unfreundliches/ oder grobes/ in einigen Theilen dieser Kunst/ blicken zu lassen. Wie Etliche/ die sonst das Ansehen einiger Wissenschafft gehabt. Gestaltsam Etliche derselben/ durch ihren Unfleiß/ Etliche aber durch ihr natürliches Unvermögen/ verkürtzet werden/ daß sie die rechte Zier nimmermehr ergreiffen. Also bleibet nun wahr/ und fest/ daß/ gleich wie der Natur selbsten schwer fället/ auf das Höchste zu kommen/ und sie selten die äusserste Vollkommenheit Alle Unform vermeiden/ diese gratia ist eine Gabe Gottes. gebiert/ also auch dem Künstler/ das Allerschönste in allen Dingen zu bilden/ die meiste Mühe mache/ ja bey vielen unmöglich sey; und wer solches vermag/ oder diese Gnade hat/ es billig für eine Gabe GOttes/ und Verpflichtung des Danckens/ erkennen möge.ManderInformat. on source text markers
Sandrart wiederholt hier zusammenfassend die Ausführungen zur Proportion, die er bereits im Ersten Teil dargelegt hat (vgl. TA 1675, I, Buch 3 (Malerei), S. 67 f.; s. Sponsel 1896, S. 35); er folgt dabei weitestgehend den Aussagen van Manders (vgl. Mander, Schilderboek, Analogie Proportie, oft maet der Lidtmaten eens Menschen Beeldts. Het derde Capittel, überprüft anhand der Ausgabe von 1604, vgl. Online-Ausgabe DBNL, fol. 10v [Accessed: 2011-11-07. Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/630zCddoC].).Christina Posselt, 12/16/2011