TA 1679, Metamorphosis, S. 87
Als nun die Töchter Pelias/ von dem Dache/ wieder hernieder kamen/ ihren Vatter/ wie ihnen Medea versprochen hatte/ wiederum lebendig zu sehen; merckten sie/ von stund an/ den Betrug: ehe sie sich aber umsahen/ war das Königliche Hauß voller Gewaffneten. Allein weil Jason wuste/ daß sie unschuldig waren/ an dem Tode ihres Vatters/ indem sie gemeint hatten/ es gut zu machen: erwiese er ihnen Gnade. Er gab Acasto/ des Pelials Pelias Sohne/ seines Vatters Cron und Königreich/ und verheyrahtete diese Töchter an sehr grosse Herren. Andraemon ehlichte die Anphinome; Admetus/ der König von Thessalien/ die Alcestis; der König von Carien/ die Evadne. Hierauf zog Jason nach Isthmos/ und opfferte das Schiff Argo dem Neptunus.
Also seynd wir kürtzlich durchgeloffen die grausam-gefährliche Reise und Schifffahrt/ so innerhalb zweyer Monats frist (wer es glauben mag.) vollbracht ward. Jason wurde hiernächst aufgehalten an des Königs von Corinthen/ des Creons/ Hofe: allwo er so lieb und wehrt war/ daß er bis ans Ende seines Lebens mit ihme das Reich von Corinthen besaß und beherrschete. Einige wollen/ Hercules habe hernach/ zwischen diesen Fließ-Helden/ einen vesten Bund gemacht/ daß sie einander treulich beystehen/ und/ wann einer unter ihnen von iemand angefochten würde/ wirckliche Hülffe leisten solten/ auch darauf die Olympische Spiele angestellt haben. Von diesem betrieglichen umbringen des Königs Pelias/ durch die Medea/ fallen noch unterschiedliche andere Erzehlungen; als daß sie seinen Töchtern weis gemacht habe/ wie sie/ aus Feindschafft von dem Jason entflohen wäre/ und/ durch gewisse Artzney/ ihren Vatter wiederum jung zu machen wisse/ welches die begauckelte Töchter viel leichter als ihr Vater/ geglaubt hätten; bevorab da Medea an einem alten Widder/ den sie wiederum zu einem jungen Lämmlein gemacht/ vor ihren Augen eine Probe gethan; also daß sie/ durch solchen Schein geblendet/ dem Vatter die Gurgel abgeschnitten/ und ihn/ mit vielen Kräutern/ in Wasser sieden lassen/ wordurch dann der gantze Leib gleichsam verschwunden/ und nicht das geringste Stücklein zu begraben übrig blieben sey.
Nachdem nun Jason eine kurtze Zeit zu Corinthen gewest/ ehlichte er Glaucam/ des Corinthischen Königs Creons Tochter/ welche sonsten von andern Creusa genennet wird/ und vergaß aller guten Dienste/ so ihm von der Medea geschehen waren. Medea von solchen Spotte/ daß sie so verrähterisch sich betrogen sehen muste/ gleichsam rasend/ verbarg ihre Boßheit/ stellte sich/ als ob sie die Braut/ mit einem Geschencke/ verehren wolte/ und sandte ihr eine Crone zu: welche sie so bald nicht aufs Haupt gebracht/ da entzündete sie das Feuer/ und verzehrte sie samt ihrem Vatter/ wie auch dem Jason/ und dem gantzen Königlichen Hause. Hierauf tödtete Medea alle die Kinder/ so sie mit dem Jason hatte. Hiervon sind auch unterschiedliche andere Erzehlungen/ und daß es geschehen/ mit einer Materi/ so Besiehe Plinium im 2. Buch und 105. Capit. Naphtha genennet/ und bey Babylonien gefunden werde/ darein das Feuer/ wanns dieser Materi zu nahe käme/ von sich selbsten zu fliegen pflegte. Nach
Ubergehung eines Theils Erzehlungen/ berichten wir weiter/ daß Medea/ auf einem/ mit Drachen bespannten/ Wagen/ nach Ephesus kommen/ und allda geehlicht des Königs Pandeons Sohn/ den Egeus. Mit dem sie/ unangesehen er sehr alt war/ gleichwol noch einen Sohn gezeugt/ denselben Medus benamset/ und ihn zur Besitzung des Reichs zubringen gedacht. Weswegen sie auch den Theseus/ als ältesten Sohn des Egeus/ umbrachte. Weil aber ihr Anschlag misriethe/ flohe sie in Asien: allda ihr Sohn Medus König wurde/ und so weislich herrschete/ daß seine Unterthanen sich nach ihm/ die Meder/ und ihr Land/ Meden genennet wissen wolten. Und weil einige Erzehlungen geben/ daß nur des Jasons andere Gemahlin todt geblieben/ und der Pallast verbrand seye/ wird weiter geschrieben/ daß Medea nachgehends wieder mit dem Jason versöhnt worden/ und mit ihm nacher Colchos gereiset; allda sie ihren Vetter/ den Persus/ getödtet/ und ihren Vater/ den Aeta/ oder Aethes/ wieder in sein Reich/ daß er durch Verrähterey/ und Unachtsamkeit seiner eignen Rähte verloren hatte/ eingesetzt. Wie diese Medea gestorben/ weiß man nicht: iedoch schreiben Einige/ daß sie/ nach ihrem Tode/ durch die Hölle/ in die Elysischen Felder kommen/ und den Hercules geehliget habe. Indem ich aber/ mit meiner Feder/ der Medea so weit nachgesetzt/ habe ich fast des Jasons gar vergessen. Es sind auch Einige/ welche schreiben/ daß/ als Jason alt gewesen/ ihn Medea gesotten habe/ daß er wiederum jung worden. Und eben dieses solte sie auch des Jasons Vatter/ dem Aeson/ wie unser Poet erzehlt/ gethan haben. Auch sollen von ihr verjüngert worden seyn die Nymphen und Pflegammen des Bachus/ welcher deshalben die Medea ersucht und angesprochen hätte. In Summa diese Gedichte von dem Jason/ dem güldnem Fließ/ und der Medea sind so reich und überflüssig/ daß/ wann man selbige alle nach der Länge erzehlen solte/ man ein grosses Buch darvon schreiben müste. Von des Jasons Tode/ und wo derselbe geschehen/ findet man nirgend etwas gewisses; ausser/ daß man allenthalben lieset/ wie er/ durch Betrug der eyfersüchtigen Medea/ sey umgekommen.
Nachdem wir nun diese Erzehlungen etwas durchgangen; solten wir nunmehro den Sinn und die Bedeutung derselben erforschen; wollen dahero von Jason/ dem Sohn Aeson/ ein wenig den Anfang machen. Ihme werden/ durch Mißhelligkeit der Scribenten/ drey Mütter zugeeignet/ nemlich die Alcimeda/ sonst auch Alcimedis genannt/ Polymeda/ und Rhio: welche Namen alle einen Raht bedeuten. Er ward/ von dem weisesten und aufrichtigsten unter den Centauren/ dem Chiron/ auferzogen und unterrichtet/ allda er sich/ wie einem aufrecht-tugendlichem Menschen zu thun gebühret/ meistens der Artzney- oder Heil-Kunst der Seelen beflissen; damit er dieselbe für denen unreinen und schändlichen Wollüsten beschirmen lernete: wie man/ durch Mässigkeit des Geistes/ seinen Zorn stillen; durch was vor Kunst man den Geitz von sich abtreiben; des Fleisches unnütze Begierden darnieder schlagen/ und den schändlichen Hochmut/ als das schädlichste Ubel von der Welt/ daraus fast