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TA 1679, Metamorphosis, S. 60

Linke Spalte

werden: und weil Hercules also die Zeit wargenommen/ da dieser Fluß/ wegen allzuharter Dürre/ fast außgetrucknet gewesen/ habe er alle diese Schafe geraubt/ und in Griechenland übergebracht.

Damit wir aber unsere Erzehlung/ von diesem Atlas/ schliessen; so ist zu wissen/ das Atlas sey ein sehr hohes Gebirge/ an dem Meer in Libyen/ der/ das gantze Jahr durch/ weiß vom Schnee bedekt liget: dahero die Portugisen selbiges Montes claros nennen. Dieses Gebirg Atlas gibt nun allda dem gantzen Orcean den Namen/ daß es heisset/ Mare Attanticum. Herodotus sagt/ indem er von seiner schrecklichen Höhe zeuget/ daß es von allen Seiten rund aussteige/ und so hoch sey/ daß kein Mensch die öberste Spitze sehen könne; weiln sie weder Winter/ noch Sommer ohne Wolcken seye. Es sind Einige/ welche meynen/ die Verwandlung des Atlas in einen Berg/ habe seinen Ursprung/ aus einer Geschicht/ von dem Helden Perseus/ welcher/ nach Uberwindung der überaus reichen Königin Medusa/ durch Eroberung ihrer gewaltigen Schätze/ so mächtig worden/ daß er auch dem König Atlas ins Reich gefallen/ und ihn dermassen geängstigt/ daß er alles verlassen/ und sich auf dem Gebirge enthalten müssen: dannenhero nachmals gedichtet worden/ er wäre in einen Berg verwandelt worden. Nach welchen Gedichten/ Erzehlungen und natürlichen Erklärungen allen/ wir besehen wollen/ was vor eine Lehre wir Lehrliche Auslegung von den goldverwahrenden Drachen. hieraus nehmen können. Und sagen daher/ daß dem Atlas zuvergleichen solche unfreundliche/ sauersichtige/ unhöfliche grobe Menschen/ die gantz unerbittlich und unbeweglich sind/ als die harte Steinfelsen/ so niemand den geringsten Dienst oder Freundschafft zu willen thun/ ob sie wol keine guldene Aepffel/ iedoch die Kisten und Truhen voll Geldklumpen angefüllt haben/ deswegen sie/ in solcher Unbarmhertzigkeit/ verhärtet bleiben/ und die billige Straffe unversehens zu gewarten haben. Dergleichen geitziges/ verhärtes Menschen Hertze oder Geist ist auch dem hundertköpffigen Drachen zu vergleichen/ der den Garten mit den guldnen Aepffeln verwahrte: Dieweil sie weder Tag noch Nacht ruhig/ sondern vielhundert Gedancken und Sorgfältigkeiten haben/ auch allezeit bekümmert sind/ ihren Reichthum nicht allein wol zu verwahren/ sondern nach weiter zu vermehren/ durch eine übermässige und unersättliche Begierde noch immer ein Mehrers zu gewinnen: Denen ihre Unfälle unglaublichen Verdrus geben/ und ihnen inwendig ohne Unterlaß unsägliche Qval verursachen.

Von der Andromeda.

ANdromeda war eine Tochter des Ethiopischen Königs Cepheus/ und der Cassiope: Welche Cassiope/ zu ihrer Zeit/ das allerschönste und hoffärtigste Weib/ so zufinden war. Sie rühmte ihre Schönheit über der Juno ihre/ underbotte sich mit ihr zu wetten. Und weil die Juno solche unsinnige Vermessenheit länger nicht leiden konte; brachte sie so viel zu wege/ daß Neptunus deswegen Rache übte. Andere Poeten

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sagen/ die Cassiope habe die Meergöttin allein/ mit ihrem Rühmen/ erzürnet. Neptunus sandte dahin ins Land ein greulich/ grosses Meerwunder/ oder Wallfisch/ der alles verderbte/ Gewächse/ Bäume/ Häuser/ und alle andere Gebäue/ platt darnieder warf/ daß die Menschen kaum in den Städten vor seiner Grausamkeit/ beschirmet werden mochten. Worauf Cepheus/ voll Furcht und Schrecken/ seine Zuflucht zum Orakel nahm/ und daselbst Raht und Trost suchte. Nachdem er nun seine Opffer gethan/ und gefragt hatte/ ward ihm geantwortet/ daß sein Land/ wegen des Hochmuhts seiner Gemahlin/ der Cassiope/ also verderbt/ solche Straffe auch nicht nachlassen würde/ bis er seine einige Tochter diesem Meerwunder zuverschlingen gäbe. Dannenhero Cepheus die schöne Andromeda/ seine Tochter/ an das Meer gebracht/ und bey Jaffe/ in Affrica/ oder Palaestina/ mit eisernen Ketten/ an eine Steinklippe gebunden: Von dannen sie hierauf/ durch den Perseus/ erlöst worden. Dieses wird von Einigen zum Theil für eine Geschicht gehalten/ weil Marcus Scaurus/ Römischer Feldherr/ das grosse Sceleton/ Beingerippe oder Grät dieses Meerwunders von Jaffa nach Rom bringen und Lehrliche Auslegung von der Andromeda/ und dem Meerwunder. sehen lassen/ wie solches Plinius/ und andere mehr bezeugen. Dieses Gedicht zeiget an/ daß/ wie man solcher Begebenheiten noch wol mehr lieset/ ie zu Zeiten ein Land oder Volck/ wegen der Könige oder Beherrscher Missethaten oder Boßheit/ gestrafft worden/ da noch dannoch der allmögende Gott nicht ungerecht handelt/ indem er zugleich das gemeine Volck/ um seiner eigenen Sündenwillen/ abstraffet. Die Unschuldige Andromeda/ von dem Perseus erlöst/ lehret uns/ daß die Frommen und Unschuldigen/ durch die gütige Schickung Gottes/ offtmals/ wann sie in äusersten Nöhten sind/ erlöset werden. Daß Perseus/ nach seinen Siegen/ den Göttern zur Danckbarkeit/ einen Altar aufgerüchtet und geopffert/ dienet zur Lehre/ daß die Frommen ihnen selbsten keine Ehre des Sieges oder Erlösung zueignen; sondern ihrem Gott/ mit aller Danckbarkeit/ den Preiß geben müssen.

Von dem fliegenden
Pferde Pegasus.

DAs fliegende Pferd Pegasus soll/ aus der/ in angenommener Pferds-Gestalt/ vollbrachter Vermischung des Neptuns/ mit der Medusa/ oder aus dem Blute der Medusa/ als sie vom Perseus enthauptet ward/ entsprossen seyn. Dieses Pferd ward/ von der Minerva/ auf den Zaum abgerichtet/ und ans Gebiß eines guldnen/ Zaums gewähnt/ nachmals aber/ aus Mittleiden dem Unschuldigen frommen Held Bellerophon/ geschenckt/ worvon Homerus Meldung thut. Er aber/ als er/ nach überstandener aller seiner Widerwärtigkeit/ in höchster Glückseeligkeit lebte/ unterstund sich/ aus Zartligkeit und Ubermuht/ bis in den Himmel hinauf zu fliegen. Dahero Jupiter zornig ward/ und dieses Pferd rasend machte/ daß es seinen Reuter in Cicilien abgesetzt/ auch ihn des