TA 1679, Metamorphosis, S. 129
massen schön/starck/ und zu allem sehr geschickt: Also/ daß Oenone/ eine Feldnymphe daselbst/ auf dem Lande/ sehr in ihn verliebt ward/ und mit ihme zwey Kinder zeugete. Um diese Zeit/ erwieß er eins seinen Muht und Freudigkeit. Dann als des Priamus Vieh geraubt und hinweg getrieben war/ und ihme solches wissend gemacht wurde; versammlete er der Hirten/ so viel er zusammen bringen mochte/ jagte denen Raubern nach/ erschlug sie alle miteinander/ und brachte den Raub wiederum zuruck: Paris wird Alexander/ das ist/ ein Menschen Jäger. weswegen er dann auch Alexander/ das ist/ ein Menschen-Jäger/ oder vielmehr der Beschützer/ der Wehrhaffte/ so den Mann von der Haut halten kan/ genennet wurde. Auch war er berühmt/ daß er einen guten Geist oder Verstand hätte/ und ein gerechter Mensch wäre: also daß er (wie bereits erwähnt worden) alle zwischen denen Hirten entstandene Uneinigkeiten schlichten und beylegen könte. Nachdem er nun das Urtheil den Göttinnen gesprochen/ hat sichs begeben/ daß Hector zu Troja Turnier- Kampff- und Ring-Spiele/ um den höchsten Preiß/ ausruffen lassen. Allda der Hirt/ so den Paris auferzogen hatte/ ihme zu erkennen gegeben/ daß er nicht sein Sohn/ wie er ihme bishero eingebildet/ sondern ein Sohn des Königs Priamus und der Hecuba wäre/ ihm anbey den Raht gebend/ er solte hingehen/ sich mit denen andern Herren/ unbekandter weise/ etwas versuchen/ und seiner Tapfferkeit eine Prob thun: und im Fall man seinen bäurischen Hirtenstab etwan ver- verachtete/ wolten sie die Binden/ Windelen und andere Kennzeichen/ darinnen er vertragen worden/ aufzeigen/ und ihn also bekand machen. Er folgte diesem Raht: kam nach Troja/ rang mit dem Prinzen Hector/ und warff ihn/ mit geschwinder Vorsichtigkeit/ zur Erden. Hector voll Schaam und Zorn/ daß ihme solches von einem Bauren geschehen/ war böß gnug/selbigen/ mit seinem Schwerte/ umzubringen: als aber obbesagte Kennzeichen hervor gewiesen/ und erkandt waren/ wurde er unter die Kinder des Priamus/ mit grosser Freundligkeit/ auf- und angenommen.
Von der Helena.
VOn der Helena/ die aus einem Schwanen-Ey geboren/ haben wir gedacht und gehandelt/ im sechsten Buch: wiewol sie einige des Tyndarus/ Königs von Oebalien / und der Leda Tochter zu seyn vermeinen. Andere wollen/ sie sey eine Tochter der Nemesis/ und die Leda nur ihre Säugamme/ Juppiter aber der Vatter gewest. Diese Helena war dermassen schön/ daß ihre Liebligkeit aller Fürsten und Printzen Liebe in Griechenlande nach sich zoche: also daß sie sich an den Hof des Königs Tyndarus verfügten/ sie zur Ehe zu begehren/ und zu sehen/ wer selbige bekommen würde: ob sie wol zuvorher entführt gewest war vom Theseus/ mit welchem sie auch zu Argos ein Kind gezeugt/ hernach aber ihren zweyen Brüdern/ die sie/ wieder zu fordern/ dahin kommen wären/ wieder gegeben worden. Einige melden/ sie habe vom Theseus zwo Töchter/ Hermione und Iphigenia
genannt/ wie auch noch andere/ gehabt; iedoch widersprechen andere solches/ und sagen/ sie sey unberührt und Jungfer wiederum geliefert worden/ welchem unser Poet/ in ihrem Brief an den Paris/ gleichfalls beystimmet/ wann er saget/ daß Theseus (wie sehr er sich bemühet) seinen Willen von ihr niemalen erlangen mögen/ausgenommen/ daß er sie eins mit Gewalt auf den Mund geküst habe/ sonst im übrigen aber/ durch Mitleiden gegen ihr bewogen/ sie/ unverletzter Ehre/ sehr freundlich wieder ausgeliefert. Dieweil man nun wol vorher sahe/ daß der/ so sie freyen wolte/ ihm viel Abgunst/ dann darauf Neid und Widerwärtigkeit auf den Halß ziehen würde/ und dessen ungehindert doch ein iedweder versuchte/ ob sie ihm zu Theil möchte werden; als haben die junge Herren sich alle zusammen verschworen/ dem Gesetze nachzukommen/ das Tyndarus/ wegen dieser seiner Tochter/ gemacht hätte: welches war/ daß ieweder alle seine Macht und Vermögen anwenden und gebrauchen solte/ sie zu beschirmen wider diejenige/ die sie an ihrer Ehre verletzen/ oder ihrem ehrlichem Manne/ dem sie zu theil werden möchte/ entführen wolten. Diese Printzen/ als Freyer der Helena/ ließ Tyndarus alle zusammen kommen/ an einen Ort/ Plataeneta genannt/ bey der Minerva-Capellen/ allda sie ihren Eyd ablegten/ und auf denen Geilen schwuren/ die einem Pferde ausgeschnitten waren/ besagtes Gesetz unverbrüchlich zu halten. Nach geleistetem Eyde ließ Tyndarus das Pferd an den Ort begraben/ wie/ damahliger Zeit/ die Weise des Eydschwerens erforderte/ daß sie auf die Geilen der Opffer Thiere die grösten Bündnüsse beschwuren: und war damals nicht gebräuchlich das Fleisch zu essen: sondern es wurde vergraben/ oder in dem Meer ersäuffet. Wann die Römer/ wie Plutarchus erzehlet/ in dem Leben des Cicero und Publicola/ etwas wichtiges und grosses beschwuren/ tödteten sie einen Menschen/ truncken unter einander von seinem Blute/ und assen auch Etliche von seinem Eingeweide: Einige truncken auch das Blut vom Opffer-Vieh/ zur Befestigung des Eydes. Andere hatten die Gewohnheit unter dem Schweren ein heisses Eisen in blessen Händen zu halten/ darbey die Götter bittende/ daß ihr Eyd nicht ehe möchte gebrochen werden/ bis dis Eisen auf dem Wasser schwimmen würde: Und wann sie dieses gesagt/ wurffen sie es ins Wasser. Dann sie der Meinung waren/ daß diejenige/ so/ mit aufrichtigen Gemühte/ und ohne Heucheley/schwüren/ das heisse oder glühende Eisen ohne Schaden in bloser Hand halten könten. Endlich wurde die überaus schöne Helena zu Theil dem Lacedämonischen Könige Menelaus/ einem Sohne des Atreus/ und Bruder des Agamemnons/ Königes von Mycenen und Argos. Hiernächst begab sichs/ daß Paris (der nunmehro für einen Sohn des Priamus erkannt war) als ein Gesandter mit zwantzig Galeen verschickt wurde/ seine alte Verwandte die Hesione/ des Laomedons Tochter/ die vom Hercules dem Telamon/ Könige von Salamis/ gegeben war/ wieder zu begehren; Auf welcher Reise ihn Menelaus sehr freundlich empfing und aufnahm. Als er nun/ unverrichter Sachen/wiederkehrte/ vergaß er/mit